KOMMENTAR: Ein Abgrund von Heuchelei
■ Die CDU nach der Abschaffung der Mietpreisbindung
Irgendwann ist Schluß. Man soll ja nicht voreingenommen sein, jeder hat das Recht auf Irrtum und Widerruf, vor allen Dingen große Organisationen, wo viele Menschen an der Meinungsbildung beteiligt sind. Aber manche übertreiben es.
Zum Beispiel die CDU. Termingerecht zu den Bezirkswahlen veranstaltet sie einen Kongreß zur Mietenpolitik. Vorab gab die große Volkspartei den Überblick, was sie will: Ihr Ziel bleibe (bleibe!), jedem Mieter eine angemessene und bezahlbare Wohnung zu schaffen. Es müsse »Sicherheit für Berliner Mieter« geben, »mehr Schwung für den Wohnungsbau« und, nicht zuletzt den Kampf »gegen die Männerwirtschaft«.
Lobenswert, lobenswert. Aber war da nicht noch was? Ist nicht die CDU die Partei, unter deren achtjähriger Herrschaft und auf deren ausdrückliches Betreiben hin die Mietpreisbindung abgeschafft wurde? Haben nicht Bausenatoren der CDU die niedrigsten Bewilligungszahlen für den öffentlich geförderten Wohnungsbau zustande gebracht — und das, nebenbei, in einer Niedrigzinsphase?
Hat nicht die CDU den »3. Förderweg« geschaffen, eine Art der Wohnungsbaufinanzierung, bei der Staatsknete an bedürftigen Mietern vorbei direkt in die Rachen der Hausbesitzer geschaufelt wird? Fanden nicht Führungsspitzen der CDU während des Bauskandals bündelweise Bargeld in ihren schwarzen Kassen? Und bedrängt die CDU nicht noch heute den Bausenator, die preistreibenden Generalübernehmer im sozialen Wohnungsbau wieder einzuführen?
Wer sich mit dieser Geschichte — und ohne seitdem irgendwelche Erfolge für Berliner Mieter produziert zu haben — derart mit sozialen Sprüchen aus dem Fenster hängt, der wird an abgrundtiefer Heuchelei nur noch von der PDS und ihrer Liebe zu den Bürgerbewegungen übertroffen. Eva Schweitzer
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