KOMMENTAR: Der Entwicklung hinterhergehinkt
■ Landesentwicklungsgesellschaft ohne öffentliche Kontrolle
Jahrzehntelang wurden Unternehmen mit Umsatzsteuer- und Abnehmerpräferenzen an die Spree gelockt. Der Rückgang der Industriearbeitsplätze wurde dadurch nicht aufgehalten. Die Instrumentarien der Berlinförderung, die so manche Nase vergoldeten, werden eingestellt. Das neue Zauberwort heißt »public private partnership«. Es signalisiert Gleichheit, wo in der Regel krasse Abhängigkeit besteht, denn die Kommunen und Regionen buhlen, mit Blick auf ihre zumeist defizitären Säckel, um die Gunst der Unternehmen. Berlin hat bislang, außer verbilligtem Boden für Großinvestoren, wenig zu bieten. Das Lamento über die träge Verwaltung, über das Gestrüpp von Verordnungen und Genehmigungen, in denen sich jeder Ansiedlungswillige verheddert, ist bekannt. Die Gründung einer privatwirtschaftlich organisierten Entwicklungsgesellschaft ist eine Konsequenz dieser Ineffizienz der öffentlichen Hand. Privatwirtschaftliche Organisation und, mehr noch, privatwirtschaftliche Beteiligung sind allerdings dazu angetan, für private Zwecke mißbraucht zu werden. Von daher ist, da über öffentlichen Besitz und öffentliche Gelder verfügt wird, auch öffentliche Kontrolle erforderlich. Bei der Landesentwicklungsgesellschaft dürfte dies schon aufgrund der Größe und Verschachtelung schwer zu realisieren sein. Und der Senat als Eigentümer und Aufsichtsrat neigt sowieso dazu, sein Verhältnis zu Investoren im geheimen zu regeln. Von einem schlafmützigen Parlament, das das Konzept noch nicht einmal beraten will, ist kaum Kontrolle zu erwarten. Sollte die Landesentwicklungsgesellschaft wie geplant ins Leben gerufen werden, wird sie, wie zuvor der Potsdamer Platz, ein Beispiel dafür sein, daß die Regierungsparteien mal wieder einer Entwicklung, die sie selbst begrüßen, hoffnungslos hinterherhinken. Dieter Rulff
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