KOMMENTAR: Ein Intrigant am Ziel
■ Präsident Schertz geht, die Krise der Polizei bleibt
Eine Träne wird Polizeipräsident Schertz unter den Linken kaum jemand nachweinen. Dazu hat er sich zu lange als fügsame Figur des Ex-Innensenators Kewenig produziert und zum Beispiel 1988 den Kreuzberger Kessel verteidigt. Doch die Ansprüche an eine eigenständige Polizei, für die fast zwei Jahrzehnte lang der Polizeipräsident Hübner (SPD) stand, sind schon lange viel geringer geworden. Da ist es direkt ehrenhaft zu nennen, wie sich Schertz in den letzten zwei Jahren den Hau-drauf-Strategen der CDU widersetzt hat. Daß der intrigante Innensenator Heckelmann sein — entgegen allen öffentlichen Versicherungen — heimliches Ziel erreichen werde, hatte sich angedeutet. Unter beständigem Druck der Hardliner, in den eigenen Reihen auch durch die öffentlichen Querschüsse des Landespolizeidirektors Kittlaus als Führungsfigur beständig demontiert, wurde Schertz zusehends nervös.
Längst aber ist der Streit über die Person des Polizeipräsidenten hinausgegangen, ist zu einer Krise der Polizei selbst geworden. Wie eine Polizei auszusehen hat, die effektiv und bürgernah die strukturell neuen Aufgaben der Stadt erfüllen soll, ist unbeantwortet. Zum polizeilichen Alltag wurde dagegen das brutale Hineinregieren der CDU-Politiker. Dafür steht die unerträgliche Hütchenspieler-Debatte, der sich die Christen monatelang hingaben, als ob in der Beseitigung der Hütchenspieler schon die Lösung des Kriminalitätsproblems der Stadt liegt. Heckelmann, der die Polizei am liebsten aus der Innenverwaltung führen möchte, mag mit dem Ergebnis seiner Destruktionspolitik zufrieden sein. Der Stadt kann das nicht genügen. Die begründbare Position der SPD, die sich lediglich zu einer vorsichtigen Unterstützung Schertz' bereit gefunden hat, ist jetzt hinfällig geworden. Nach dem Rücktritt wird sie nicht um den Streit herumkommen und davor, ihr Gewicht in die Koalitionswaagschale zu werfen. Dabei geht es nicht nur um Namen. Gerd Nowakowski
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