KOMMENTAR: Rückschlag in Kambodscha
■ Die Roten Khmer verweigern die Entwaffnung durch die UNO
Geradezu erschreckend sind die Hoffnungen, die die KambodschanerInnen und die Welt auf die UNO setzen. In deren Auftrag sollen 22.000 Personen, darunter 16.000 Blauhelme, das seit über zwanzig Jahren von Krieg, Terrorherrschaft und Bürgerkrieg gequälte Land innerhalb von zwei Jahren in den Stand versetzen, sich in eine zivile Gesellschaft zu verwandeln.
Als das UNO-Friedensabkommen im vergangenen Oktober unterzeichnet wurde, war von vornherein klar, daß die Bürgerkriegsparteien nur durch Druck ihrer ehemaligen Unterstützer zur Kooperation gezwungen worden waren. Und die veränderte Weltlage hatte die äußeren Bedingungen dazu geschaffen: Der kalte Krieg und der sino- sowjetische Konflikt waren beendet. Für die USA, die UdSSR und China wurde Kambodscha als Austragungsort des Stellvertreterkrieges nicht nur obsolet, sondern störend und zu teuer.
Kriege lassen sich andernorts austragen, wenn man bestimmte Gruppierungen durch genug Waffen und Geld unterstützt. Ergo enden sie, wenn die Unterstützung entzogen wird? Eine verführerische Hoffnung, an die sich die BeobachterInnen und Akteure des außengeleiteten Friedensprozesses in Kambodscha klammern müssen.
Daß diese Annahme aber gerade in bezug auf die Roten Khmer eher die Stabilität eines Strohhalmes aufweist, war von Anbeginn bekannt. Khieu Sampan, Pol Pot und die ihren sind es, die durch den Frieden am meisten zu verlieren haben. Welchen Vorteil sollten sie durch einen Wechsel von der Kriegsführung zur politischen Konfliktaustragung haben? Die oft geäußerte Vorstellung, daß die Roten Khmer politisch in dem Maße Terrain gewinnen, wie die Regierung in Phnom Penh sich durch ihre Korruption und die Unerfüllbarkeit der Erwartungen der Bevölkerung selbst diskreditiert, muß Pol Pot zu riskant erscheinen.
Mit ihren Waffenvorräten und dem Ausverkauf von Ressourcen wie Tropenholz und Rubinen aus den von ihnen kontrollierten Gebieten können sich die Roten Khmer noch lange Zeit halten. Wie und wer soll sie denn nun unter Druck setzen? Die chinesische Regierung? Seitdem sie ihre Unterstützung des Friedensplanes kundtat, hält sie sich in der Kambodscha-Frage vornehm zurück. Die USA? Thailand? Die UNO? Die Blauhelme sind durch ihr Mandat daran gehindert, die Roten Khmer mit Hilfe militärischer Zwangsmittel zu entwaffnen. Ein Ausweg ist nicht in Sicht, aber auch keine Alternative zu der Politik, den Konflikt mit Hilfe der UNO zu lösen. Jutta Lietsch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen