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Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON UWE RADA Die Eigentumsfrage neu stellen

Was auf dem Spiel steht, sieht man am Beispiel München: Die Stadt ist „fertig“

Als „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ begriff die DDR die Wohnungsfrage. Privateigentum an Grund und Boden wurde verstaatlicht, ebenso die Wohnungswirtschaft. Das Ergebnis: die Mieten waren billig, die Häuser verfielen. Keiner investierte – auch nicht der Staat als Eigentümer.

Heute sind die Innenstädte in Berlin oder Potsdam fast durchsaniert. Dafür sind die Mieten rasant gestiegen. Der ehemals staatliche Grund und Boden ist weitgehend privatisiert, und wo es noch städtische oder, wie im Stadtstaat Berlin, landeseigene Grundstücke gibt, bekommt bislang den Zuschlag, wer am meisten bietet. Das ist Ausverkauf.

Allerdings regt sich Widerstand. „Recht auf Stadt“ heißt etwa eine bundesweite Initiative; und in Berlin hat sich nun ein Netzwerk unter dem Titel „Stadt Neudenken“ gebildet. Mit den Häuserkämpfen vergangener Tage haben diese Bewegungen nichts zu tun. Nicht dem „Kampf“ gilt ihr Augenmerk, sondern dem „Kalkulieren“.

Wie hoch darf der Grundstückspreis sein, damit die Mieten nach einem Neubau bezahlbar sind? Wie kann man ein Grundstück dauerhaft der Spekulation und dem Wohnungsmarkt entziehen? Gründen wir eine Genossenschaft oder einen Verein? Fragen, die alle eines gemein haben – den Anspruch: „Uns gehört die Stadt!“ Damit wird, auf eine sehr pragmatische Weise, die Eigentumsfrage neu gestellt. Nicht im Sinne Honeckers – sondern im Bewusstsein, dass es in Deutschland keine Mehrheit mehr für eine Politik gibt, die bei den wichtigen Feldern der Daseinsvorsorge weiter wie besinnungslos auf Privatisierung setzt.

Auch das Wohnen oder, genauer, die Bodenpolitik ist ein solches Feld der Daseinsvorsorge. In Berlin, wo seit Jahren eine „neue Liegenschaftspolitik“ gefordert wird, haben SPD und CDU in ihren Koalitionsvertrag geschrieben, landeseigene Grundstücke künftig nicht mehr allein nach fiskalischen Kriterien zu vergeben. Noch allerdings blockiert das Ganze der Finanzsenator.

Dennoch ist die Zeit so günstig wie nie für einen anderen Umgang mit dem Boden – wann, wenn nicht jetzt? Was auf dem Spiel steht, sieht man in Städten wie München. Brachen und Freiräume sind verschwunden, die Baulücken gefüllt, die Stadt ist „fertig“.

Und dann? Dann gibt es kein „und dann“ mehr. Berlin muss seine letzte Chance nutzen.