Reformen statt Uniformen : KOMMENTAR VON SASCHA TEGTMEIER
Wer seinen Computer reparieren will, kommt mit dem Hammer meist nicht weit. Das dürfte auch Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) bald aufgehen, die mit ihrem Ruf nach „Uniform statt Burka“ ein bildungspolitisches Grobinstrument auf den deutschen Werktisch gegen Diskriminierung im Klassenzimmer gebracht hat.
Davon abgesehen, dass die Bundesjustizministerin für Schulen in gar keiner Weise zuständig ist, hilft ihr Vorschlag weder gegen soziale noch gegen religiöse Ausgrenzungen. Ein flüchtiger Blick in die Klassenzimmer des Jahres 2006 zeigt, dass sozial benachteiligte Schüler längst nicht nur durch fehlende Markenkleidung ins Abseits geraten. Wer nicht das neueste Hightech-Handy mit dem Hit-Klingelton oder den designten MP3-Player mit Videofunktion in der großen Pause vorweisen kann, der droht schnell im sozialen Aus zu stehen. Daran ändert eine Schuluniformen nichts. Ministerin Zypries müsste ihrer Logik zufolge nach der Einführung der Uniformen schnell nachrüsten und für alle die gleichen Technik-Accessoires – und warum nicht gleich eine Einheitsfrisur – fordern. Und dennoch: Teenager würden auch dann eine Möglichkeit der Ausgrenzung finden.
Der Auslöser für Zypries’ Brainstorming zeigt, dass die Einführung von Schuluniformen auch gegen religiöse Ausgrenzung den Kern des Problems verfehlt. Denn die zwei Bonner Gymnasiastinnen, die in den komplett verhüllenden Burkas zur Schule kamen, sind die absolute Ausnahme. Die Mehrzahl der muslimischen Schülerinnen richtet sich nach der strikten Kleiderordnung des Jugendmainstreams. Religiöses Kleidungsstück für muslimische Mädchen ist bekanntermaßen das Kopftuch. Das könnte auch mit Einführung der Schuluniform nicht verboten werden. Oder soll es auch noch einheitliche Kopftücher mit dem jeweiligen Schullogo geben? Das wäre nicht nur sinnlos, sondern auch albern.
Zypries’ Werkzeug ist zu plump, um die Schulprobleme in den Griff zu bekommen. Um unter Schülerinnen und Schülern das Gemeinschaftsgefühl und das Lernklima zu fördern, braucht es neue, kreative Lernkonzepte. Und keine Einheitskleidung.
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