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Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON MARCO CARINI Die eigenen Leute geopfert

Der Konflikt wurde mutwillig angeheizt, die Beamten von ihrer Führung verheizt

Es ist ein Ritual: Nach den Krawallen im Hamburger Schanzenviertel entsetzen sich Innenbehörde und Polizei über die Gewaltbereitschaft „militanter Chaoten“. Protestierer, aber auch unbeteiligte Passanten beklagen derweil schlagkräftige Übergriffe der Polizei. So findet jede Seite die Bestätigung für das eigene Feindbild: Gewalttätig, das sind die anderen.

Die ebenfalls ritualisierten Flaschenwürfe, Feuerbarrikaden und Angriffe auf einzelne Beamte durch meist jugendliche Randalierer, deren Aktionen eher einem militanten Event als politischem Protest gleichen, sind nicht wegzudiskutieren. Nicht wegzudiskutieren ist allerdings auch, dass Hamburgs Innensenator und die Polizeiführung alles getan haben, der Gewalt einen Anlass zu bieten – und irgendwann wahllos gegen alles vorgingen, was sich bewegte. Dauerpatrouillen hochgerüsteter Einsatzkräfte während des friedlichen Festes und massiver Knüppeleinsatz nach dem ersten Flaschenwurf sind mit einer Deeskalationsstrategie, gelinde gesagt, schlecht vereinbar.

So wurde ohne Not die Atmosphäre auf-, der Konflikt mutwillig angeheizt. Und geradezu fahrlässig verheizt wurden die Polizeikräfte, die teils Verletzungen davontrugen. Was sich da zutrug, war ein fragwürdiges Muskelspiel – auf der Strecke blieb die Fürsorgepflicht von Senator und Polizeiführung gegenüber ihren eigenen Leuten.