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Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON ERIC BONSE Diktat statt Hilfe

Ein schönes Geschäft für Banken und Versicherungen, aber ein ganz schlechtes für Europa

Der neue „Rettungsplan“ für Griechenland steht jetzt. Gerade noch rechtzeitig vor der drohenden Pleite im März hat sich die Eurogruppe auf neue Milliarden-Hilfen geeinigt. Doch wer wird da eigentlich gerettet?

Die Griechen ganz bestimmt nicht. Sie müssen künftig mit erheblich niedrigeren Löhnen, einem eingeschränkten Kündigungsschutz, einer schlechteren Gesundheitsversorgung und einem massiven Ausverkauf ihres Staates leben. So wollte es die internationale Troika, und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seine Amtskollegen haben es mit vielen und oft verletzenden Drohgebärden durchgeboxt.

Das war ein rücksichtsloses Diktat, kein großzügiges Hilfsangebot. Gewiss, Griechenland bleibt die ungeordnete Pleite erspart, die eine Katastrophe für das Land gewesen wäre. Athen soll sogar eine neue Finanzspritze von 130 Milliarden Euro erhalten. Doch der größte Teil dieser Kredite, die mit Zins und Zinseszins zurückgezahlt werden müssen, geht nicht etwa an den Not leidenden Staat, sondern in den Schuldendienst. Und der wird noch dazu über ein Sperrkonto dem Zugriff der Regierung entzogen. In Wahrheit haben Schäuble & Co. die Gläubiger gerettet, nicht die Menschen.

Profitieren werden Banken, Versicherungen und Hedgefonds in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Bei einer Pleite hätten sie alles verloren, nun müssen sie nur auf etwas mehr als die Hälfte ihrer Forderungen verzichten – der Marktwert der griechischen Anleihen wäre noch niedriger gewesen. Die privaten Institute, die laut Schäuble mithaften sollen, werden in Wahrheit massiv begünstigt. Das ist ein schönes Geschäft für die Gläubiger und ein ganz schlechtes für Europa. Griechenland wurde um den Preis der Selbstbestimmung und der Demokratie vor einem Bankrott bewahrt, der nach Ansicht der meisten Experten früher oder später ohnehin kommt.

Denn das ist die zweite bittere Lektion dieser heillosen „Rettung“. Zu einem nachhaltigen Abbau der Schulden trägt sie nicht bei, wie die Troika selbst einräumt. Im schlimmsten Fall wird der Schuldenstand 2020 genauso hoch sein wie heute. Griechenland bleibt also ein hoffnungsloser Fall.

Jetzt rächt sich die deutsche Strategie, „Schuldensünder“ zu bestrafen, statt ihnen schnell und beherzt zu helfen. Von Anfang an legte Berlin den Akzent einseitig auf Sparen und Schrumpfen – dabei braucht Griechenland dringend Investitionen und Wachstum. Zwar enthält das neue „Anpassungsprogramm“ auch Strukturreformen, die der Wirtschaft helfen sollen, doch bis sie wirken, werden mindestens zwei Jahre vergehen. Die Gefahr, dass Griechenland zwischendurch in politischem und sozialem Chaos versinkt, ist größer denn je.