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Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON DANIELA WEINGÄRTNER Merkel mit Polen gegen das Klima

Wer so opportunistisch agiert wie Merkel, kann den Polen natürlich nicht die Leviten lesen

Als sich die europäischen Chefs im März 2007 unter deutscher Ratspräsidentschaft auf ehrgeizige Klimaziele einschwören ließen, wurde Angela Merkel der Ehrentitel „Klimakanzlerin“ verliehen. Das ist zweieinhalb Jahre her. Seither ist die deutsche Regierungschefin in großen Schritten die Beliebtheitsskala hochgeklettert und hat Ehrentitel offenbar nicht mehr nötig.

Auf der Höhe ihrer politischen Macht angekommen, nutzte sie auf dem EU-Gipfel gestern ihr ganzes politisches Gewicht, um ein großzügiges Angebot an die Entwicklungs- und Schwellenländer zu verhindern. Die Frau, die zu Hause das Geldausgeben predigt, um die Wirtschaftskrise in den Griff zu bekommen, will die Klimakrise durch einen strikten Sparkurs bewältigen. Das wird nicht funktionieren, was Merkel natürlich genau weiß. Doch sie hat ihre Prioritäten abgewägt und eine Entscheidung getroffen. Abwrackprämien und Opel-Beihilfen mildern Existenzängste der Wähler sofort ab. Um Naturkatastrophen, Klimaflüchtlinge und Ressourcenknappheit soll sich dann eine spätere Politikergeneration kümmern.

Wer die eigenen Ansprüche ans politische Gestalten so zurückschraubt, braucht sich nicht zu wundern, dass andere es genauso machen. Wenn die Klimakanzlerin kein Geld mehr für die Rettung des Planeten zahlen will, warum sollten es die wirtschaftlich viel stärker gebeutelten Polen tun?

So überbrachte der Parlamentspräsident Jerzy Buzek den EU-Regierungschefs nur die Botschaft, sie sollten erst einmal intern Solidarität üben, bevor sie weltweit über einen Lastenausgleich nachdenken. Buzek, der qua Amt für alle Länderinteressen seines Hauses sprechen sollte, hatte dabei wohl vor allem die eigenen Landsleute im Sinn. Denn Polen ist der Anführer einer neunköpfigen Osteuropäergruppe, deren Credo lautet: Gern soll es in Kopenhagen ein ehrgeiziges Abkommen geben, solange wir dafür nicht mitbezahlen müssen.

Eine Klimakanzlerin hätte den Polen gestern die Leviten lesen können. Die Opportunitätskanzlerin kann es nicht.