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KOMMENTAR: EINGESCHRÄNKTE GLAUBENSFREIHEITGrüne gegen Menschenrechte

Kommentar von Benno Schirrmeister

Die Grünen wollen die Zeugen Jehovas nicht anerkennen - mithilfe eines Tricks, ohne stichhaltige Gründe und im Widerspruch zur Rechtslage. Ein faires Verfahren sieht jedenfalls anders aus

S chikane geht auch mit rechtsstaatlichen Mitteln. Angetrieben von den Grünen führt die Bürgerschaft gerade vor, wie: Denn dass die Zeugen Jehovas (ZJ) als Körperschaft anzuerkennen sind, wissen die Abgeordneten längst. Die Frage ist ja höchstrichterlich geklärt.

Stichhaltige Gründe dagegen haben sie auch nicht gefunden. Nur einen Trick, die Anerkennung hinauszuzögern: Der Landesgesetzgeber hat noch kein standardisiertes Verfahren verabschiedet. Deshalb mischt der Landtag bei jeder einzelnen Körperschafts-Entscheidung mit - und kann den Antrag ablehnen.

Das bleibt auch dann pure Willkür, wenn dafür eine argumentative Fassade hochgezogen wird: Die ZJ würden die Menschenrechte nicht einhalten. Klar. Aber dann wären sie auch die erste Religionsgemeinschaft, die das ohne Abstriche täte. Denn das Menschenrecht auf Religionsfreiheit definiert ja gerade einen gesellschaftlichen Raum, in dem vermeintliche Offenbarungen wichtiger sind, als die Menschenrechte. Und in dem wird munter diskriminiert, gegen alternative Lebensentwürfe gehetzt und sogar die körperliche Unversehrtheit verletzt.

Wenn die Grünen das ändern wollen - bitte, nur los! Und munter bei den Großkirchen angefangen, fürs Frauenpriestertum bei den Katholiken gekämpft: Dann wäre die Blockade der kleinen ZJ wenigstens nicht ganz so bigott. Eine Menschenrechtsverletzung bliebe sie trotzdem: Wer wider besseres Wissen gegen bestehendes Recht abstimmt, sorgt für ein unfaires Verfahren.

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Reporter und Redakteur
Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.
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6 Kommentare

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  • J
    jober

    wunderbar - weiter so , wenn ich das höre , menschenrechtsverletzung , wie weit könnt ihr katholiken und protestanten eigentlich noch in den spiegel schauen , ich empfehle wärmstens noch einmal die bergpredigt zu lesen , und mir dann mal ernsthafte gedanken zu machen , ob ich weiterhin als kirche militärseelsorge betreiben will. ich seh da die zeugen wesentlich näher an der biblischen wahrheit , und zwar nicht nur theoretisch sondern vor allem praktisch. ich sage : hut ab vor einem volk , dass in JEDEM land den kriegsdienst verweigert.

  • HS
    Hartmut Spiesecke

    Geht es auch 'ne Nummer kleiner? Der Vergleich der in mancher Hinsicht zweifelhaften Zeugen mit der katholischen Kirche scheint wenig plausibel. Und die anscheinende Meinung des Autors, alle Religionsgemeinschaften missachteten Menschnrechte, da käme es bei den Zeugen Jehovas auch nicht mehr darauf an, entbehrt reichlich der Plausibilität und zeigt eher unsachliche Vorurteile zu Glaubensthemen als fundierte Kentnisse. Einige Berichte von Aussteigern dokumentieren einer eher sektenhaften Umgang mit Andersdenkenden.

    Außerdem ist die Frage bei der Körperschaft nicht, ob es die Zeugen Jehovas geben darf (natürlich), sondern ob es ein Interessse an einer besonderen staatlichen Anerkennung gibt. Letztere kann ich jedenfalls nicht erkennen.

  • G
    Gerry

    Das ist mal wieder ein Beispiel warum ich niocht mehr wählen gehe. Die Unfähigkeit ihre Bürger einigermassen gerecht zu regieren. Die Abgeordneten interessiert doch selber das Gesetz einen Schei.. und erwarten dies aber von ihren Bürgern. Ich dachte die Zeugen. Längst haben doch alle Gerichte die Zeugen überprüft und anerkannt, aber wenn so ein kleines grünes Männchen nicht will...

  • M
    Markus

    Toller Artikel!

  • E
    ehemalslinks

    Entschuldigung, aber die TAZ wird wirklich immer peinlicher, in diesem Zusammenhang zum xten Mal nur auf christliche, aber nicht(o, wie aktuell!) muslimische Massenpsychosen hinzuweisen, spricht (fragwürdige) Bände....

  • A
    Ascona

    Gut, dass offensichtlich Jehovas Zeugen gegen Bremen in dieser Angelegenheit klagen.

    Die Richter werden die Bremer Bürgerschaft schon dann wieder auf den Boden der Verfassung bringen...

     

    Hoffentlich lernt die Bremer Regierung aber auch daraus:

    Demokratie und Menschenrechte sind hochzuhalten, auch wenn es der Regierung offensichtlich schwerfällt!

    Das wird spannend mit dem Prozess - obwohl der Ausgang ja klar ist. Dennoch: So kann man natürlich auch Steuergelder verschwenden - in das offene Messer eines im vornerein verlorenen Prozesses zu laufen. Ich freue mich schon auf den Richterspruch...