KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER SPITZENKANDIDATEN : SPD wählt McAllister
Sozialdemokraten sind rätselhaft: Da haben sie die Wahl zwischen zwei Bewerbern. Der eine brennt für ihre Sache, spricht die Sprache der einfachen Leute und hat als niedersächsischer Landesvorsitzender die Öffnung der Partei vorangetrieben. Und die entscheidet sich – für den anderen.
Klar, altgediente GenossInnen fühlen sich dem Parteigewächs Stephan Weil ganz nah. Auch er hat im Schatten Gerd Schröders Ministerial-Karriere gemacht, dann in Hannover solide finanzverwaltet und die Amtskette des fast ewigen Oberbürgermeisters Herbert Schmalstieg geerbt. Bundes-Chef Sigmar Gabriel kennt ihn gut und hat ihn, verblümt, aber offenkundig, protegiert. Und wie man in der SPD Mehrheiten bekommt, das weiß Gabriel. Nur werden Landtagswahlen jenseits der Partei entschieden. Da muss der solide Weil nun punkten – nur mit seinem diskreten Charme. Denn darauf, bloß kein inhaltliches Profil zu entwickeln, hat er bei den Regionalkonferenzen geachtet – etwa als er verkündete, im Prinzip gegen Studiengebühren, aber nicht für ihre Abschaffung zu sein.
Die Kür des Kandidaten Weil bedeutet also eine klare Absage an eine Absage an eine große Koalition. Ihr größter Gewinner ist demnach – Ministerpräsident David McAllister. Der kann getrost Christian Wulffs inhaltslose 2008er-Kampagne neu auflegen: Gegen einen Technokraten, der Angst hat, Position zu beziehen, reicht die allemal.