KOMMENTAR: BENNO SCHIRRMEISTER ÜBER SPEZIALDEMOKRATIE: Genosse Siegfried prescht vor
Ein historischer Moment: Ausgerechnet die SPD Bremerhaven veröffentlicht Vorschläge zu mehr Bürgerbeteiligung! Siegfried Breuers Verlautbarung bedeutet allerdings keinen Abschied vom demokratieskeptischen Kurs der Seestadt-GenossInnen.
W ann hätte es das je gegeben? Ausgerechnet die SPD Bremerhaven veröffentlicht Vorschläge zu mehr Bürgerbeteiligung - nein, da gibt es kein vertun: Die vom Vorsitzenden Siegfried Breuer am Freitag verschickte Mitteilung ist ein historisches Dokument.
Denn bislang waren die Seestadt-Sozen stets als BremserInnen der Debatte aufgefallen: Mit aller Macht hatten sie dafür gekämpft, die gerade durch die Wahlrechtsreform abgeschaffte fünf Prozent-Klausel fürs Kommunalparlament wieder einzuführen. Nur der Staatsgerichtshof konnte sie stoppen.
Und? Bedeutet das jetzt vorgelegte Papier einen Kurswechsel? Quatsch. wenn es den GenossInnen ernst wäre mit mehr Mitbestimmung, hätten sie sich auch an demokratische Gepflogenheiten gehalten. Haben sie aber nicht. Sie sind gegen die von ihnen erlassenen Spielregeln vorgeprescht - und werden dafür, von der für sie allein relevanten Nordsee-Zeitung auch prompt belohnt: "SPD will mehr Bürgerbeteiligung", titelt die.
Will sie das wirklich? Vor allem scheinen Breuer & Co sich genau diese Schlagzeile erhofft zu haben. Denn einerseits lenkt die von der misslichen Diskussion um die Oberbürgermeister-Nachfolge-Kungeleien ab. Andererseits reduziert's die Ergebnisse der Arbeitsgruppe auf das, was den GenossInnen genehm ist: Und das ist in Bremerhaven seit je her das nötige Minimum an Demokratie.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück