KOHLE: Tiefe Gräben in der Lausitz
Vattenfall will in Brandenburg einen neuen Tagebau. Heute beginnt das Erörterungsverfahren.
Gundula Stede wird heute demonstrieren – für den neuen Tagebau. „Die Gegner werden sich erst wundern, wenn die Lichter ausgehen“, sagt die Vorsitzende des Welzower Sportvereins Borussia 09. Schließlich sei es die Braunkohle, die die Energieversorgung sicherstelle.
Demonstrieren wird auch René Schuster – gegen den neuen Tagebau. „Matthias Platzeck verrät die Landeskinder“, poltert der Mann von der Grünen Liga in Cottbus. 1993 habe Platzeck, damals noch Minister für die Raumordnung, die Zusage gegeben, dass der Tagebau nicht ausgedehnt werde. „Das soll heute nicht mehr gelten.“
Es geht um den Tagebau Welzow Süd: Vattenfall will diesen erweitern, um auch nach dem Jahr 2027 noch Braunkohle, den klimaschädlichsten aller Energieträger, verfeuern zu können. Dagegen haben mehr als 5.000 Bürger und Organisationen Einwände vorgebracht, die von Dienstag an in der Cottbusser Messehalle erörtert werden. Es geht um CO2-Emissionen, biologische Vielfalt, Umsiedlungen, Sorbenland oder Grundwasser.
Petra Rösch sitzt mit am Tisch der Planungsbehörde, sie ist Vorsitzende des Ortsbeirates Proschim, eines der betroffenen Dörfer. Rösch hat wenig Hoffnung, dass ihr Ort zu retten ist. „Das ist eher eine Showveranstaltung, damit der Pflicht des Planungsrechts Genüge getan wird“, sagt sie. Neue Erkenntnisse erwartet sie nicht. „Man kennt doch die Machenschaften der Regierung und von Vattenfall.“
Sie erinnert sich, dass in DDR-Zeiten Proschim auf der Liste jener Orte stand, die für die Braunkohle sterben sollten. Nach der Wende folgte die Entwarnung. Und jetzt soll doch noch der Untergang für die 300 Einwohner kommen?
Auf 19 Quadratkilometern will Vattenfall die Bagger durch brandenburgischen und sächsischen Boden fressen lassen. Orte wie Proschim oder Lindenfeld sollen von der Landkarte verschwinden, 800 Menschen müssten umgesiedelt werden. „Dabei kann man gerade in Proschim sehen, wie erneuerbare Energien an Boden gewinnen“, sagt Ortsbeirätin Rösch. In Proschin werde heute für 5.000 Menschen Ökostrom produziert.
Kann die Planungsbehörde die Einwände im Erörterungsverfahren ausräumen, ist die nächste Hürde für Vattenfall genommen. 2014 soll der Landtag entscheiden.
„Man soll mal die Kirche im Dorf lassen“, sagt Befürworterin Gundula Stede. Sie leitet für die SPD auch die Arbeitsgruppe Kohle der Welzower Stadtverordnetenversammlung. „Beim Umsiedeln wird man die Kirche sicher mitnehmen.“
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