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SYLVIA PRAHL
Die Stadt grünt, jetzt gibt’s kein Halten mehr. Wer sich nicht zum privaten Aufforsten in den Schrebergarten verzupft, funktioniert die Hundeklos vor der Haustür in duftige Blumenbeete um. Egal wo und wie, Gärtnern ist eine erquickliche Beschäftigung für alle Familienmitglieder. Schnell sichtbare Ergebnisse machen Kinder stolz wie Bolle, und Erwachsene schauen den Kleinen mal nicht nur beim Amüsieren zu. Wer hätte gedacht, dass das Urban Gardening gar keine neue Mode ist, sondern von dem Berliner Ingenieur Heinrich Seidel bereits im vorletzten Jahrhundert betrieben wurde? Der Urvater des Guerilla Gardening begann 1873 damit, Zimbelkraut „anzusalben“ und verwitterte Mauern damit zu begrünen. Dieses absichtliche Ansiedeln ortsfremder Pflanzen inspirierte die Berliner Autorin und Illustratorin Parastu Karimi zu dem schönen Buch „Unser Garten mitten in der Stadt“. Der kleine Tete entdeckt hinter einer Zimbelkrautmauer ein damit überwuchertes Gelände. Zusammen mit seinen Freuden Eule und Kasi fängt er an, das Gelände in einen Garten umzuwandeln. Mithilfe einiger Erwachsener entwickelt sich aus diesem Kinderspaß ein Projekt, an dem das ganze Stadtviertel Freude hat. In poetischen Bildern setzt Karimi diese die Fantasie beflügelnde wuchernde Pflanzenwelt krass gegen den grauen Betonwust der Großstadt. Einzig die Dialoge sind ein wenig kantig geraten, und mit der Political Correctness hätte Karimi subtiler verfahren dürfen. Dennoch: Sollten die Eisheiligen alle Guerilla-Gärtner nächste Woche ans Haus binden, gärtnert es sich mit diesem Buch prima im Kopf (ab 4, atlantis/dtv, 14,95 ).
Und dann hat Nadia Budde der Welt wieder ein herrliches Reim- und Bildfeuerwerk geschenkt. „Und außerdem sind Borsten schön“ heißt es und befasst sich mit den tollsten physischen Unzulänglichkeiten, die in Wahrheit natürlich gar keine sind. Denn wenn Papas Kumpel Roderick sich am Hals zu dick findet, und seine schöne Frau Brigitte eine dünne Mitte möchte, macht Budde mit typisch bösliebevollem Pinselstrich klar, dass die sogenannten optischen Unzulänglichkeiten den Charakter mitbestimmen und eine Person unverwechselbar machen. Onkel Parzival weiß das, denn ihm „ist sein Äußeres egal“. Ohne jeden Zeigefinger lässt die Berliner Autorin und Illustratorin keinen Zweifel daran: „Eins ist wichtig, wie du bist, so bist du richtig.“ Für alle ein nicht zu unterschätzendes Selbstbewusstseins-Back-up. Denn dieser ganze Wahnsinn prasselt ja schon auf uns ein, bevor wir „Hello Kitty“ sagen und „Spiderman“ schreiben können (ab 3, Peter Hammer, 14,95 €).
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