KENIAS MINISTER MÜSSEN AUF ANDERE DIENSTWAGEN UMSTEIGEN : Passat statt E-Klasse
NEBENSACHEN AUS NAIROBI VON MARC ENGELHARDT
Wenn die Sirenen ertönen, dann heißt es für Nairobis Autofahrer: fix an den Straßenrand und eine Gasse freigemacht. Nicht etwa für den Krankenwagen, sondern für einen hochrangigen Politiker, Minister oder Staatssekretär. Nur wenn der Präsident persönlich unterwegs ist, werden die Straßen schon vorab gesperrt. Bei allen anderen können die Autofahrer vom Straßenrand aus mitverfolgen, wie erst die heulende Motorradeskorte durch die Gasse braust – und dann eine deutsche Edelkarosse, Mercedes E-Klasse, bevorzugte Farbe: schwarz.
So war es bisher. Doch jetzt rüttelt eine radikale Zeitenwende Kenias verwöhntes politisches Establishment auf. Als am Freitag wieder die Sirenen erklangen und ich aus dem Autofenster schaute, rasten die Motorräder vorbei und dann ein silberner VW Passat. Ich rieb mir die Augen und sah dem Wagen ungläubig hinterher.
Tatsächlich: Mehr als hundert brandneue Passats hat Kenias Regierung gekauft, als neue Pflichtdienstwagen für die politische Elite. Mit den Benzin saufenden Luxuskarossen sei jetzt Schluss, hatte Finanzminister Uhuru Kenyatta vor einigen Wochen im Parlament getönt. Die Regierung müsse sparen, der Passat sei da genau das richtige Gefährt. Kenias Bürger glaubten kein Wort, bis vor einer guten Woche in Mombasa die Volkswagen vom Frachter rollten.
Bis Freitag hatte die Hälfte der 42 Minister ihren Dienstwagen umgetauscht, bei den mehr als 60 Vizeministern und Staatssekretären lag die Quote bei über zwei Drittel. Einige wehren sich noch, etwa Vizepremier Musalia Mudavadi. „Einige von uns haben Wahlkreise, in denen es kaum Straßen gibt, da kann man mit einem Passat nichts ausrichten“, ließ er die Presse wissen. Warum ein Mercedes für Off-Road-Fahrten besser geeignet sein soll, ließ Mudavadi offen. Doch wird auch er auf VW umsteigen müssen – das Finanzministerium hat angekündigt, die Luxuskarossen zur Not abzuschleppen.
Ähnlich war es auch vor zwei Jahren, als den Ministern das Privileg des Zweitdienstwagens gestrichen wurde. Der Aufschrei war groß, zum Schluss machten alle mit. Das lag vor allem daran, dass die Minister die einstigen Wagen zum Spottpreis zurückkaufen konnten. Die Kenianer sind sicher, dass die Politiker auch mit den 100 Mercedessen ein dickes Geschäft machen werden. Anders, so sagen sie, lässt sich der Tauschhandel E-Klasse gegen Passat nicht erklären. Einen Volkswagen mögen die Politiker haben, an mehr Volksnähe glaubt niemand.