Justizsenator über die schwarz-grüne Koalition: "Wir sind nicht am Koalitionspartner gescheitert"
Hamburgs Justizsenator Till Steffen (GAL) über die Perspektiven eines schwarz-grünen Regierungsbündnisses unter dem designierten Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) und zur politischen Zukunft von Bildungssenatorin Christa Goetsch (GAL).
taz: Herr Steffen, ist eine Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition unter einem Bürgermeister Christoph Ahlhaus für die GAL denkbar und sinnvoll?
Till Steffen: Wir haben zwei auffällige Besonderheiten dieser Koalition: Zum einen die große Verbindlichkeit und Verlässlichkeit, an der Ole von Beust persönlich einen großen Anteil gehabt hat. Zum anderen hat die ausgesprochen liberale Ausrichtung der CDU viel zum Gelingen der Koalition beigetragen. Das sind zwei ganz zentrale Elemente, bei denen wir uns vergewissern müssen, das sie weiterhin Bestand haben.
Das heißt konkret?
Es gibt ganz viel Diskussions- und Erklärungsbedarf auf Seiten der CDU, ob sie diese Verlässlichkeit weiter gewährleisten kann und an dem betont liberalen Kurs einer Großstadt-CDU festhalten will - oder ob ein Kurswechsel ansteht.
ist Justizsenator in Hamburg. Seit 1990 ist er Mitglied der Grünen, 1994 war er Mitgründer der Grünen Jugend.
Sie arbeiten als Justizsenator mit Herrn Ahlhaus eng zusammen - wie verlässlich, wie liberal nehmen Sie ihn wahr?
Ich kann aus dieser direkten Zusammenarbeit sagen, dass es an der Zuverlässigkeit von Herrn Ahlhaus nichts auszusetzen gibt. Als Innensenator war er in vielen Fragen ein Hardliner. Es gab da aber auch auffällige Ausnahmen.
Da hätten wir gern ein Beispiel.
Senator Ahlhaus hat sich dafür eingesetzt, dass einer von zwei bundesweit zu verteilenden Guantánamo-Häftlingen in Hamburg aufgenommen wurde. Unmittelbar nach den erschütternden Suiziden in der Abschiebehaft hat er erklärt, dass Hamburg künftig auf die Abschiebehaft bei minderjährigen Flüchtlingen verzichtet. Da brauchte es keine Überredung. Wir müssen nun genau hinschauen, was ist die Ausnahme und was die Regel ist. Und wir müssen sehen, wie Herr Ahlhaus sich die neue Rolle als Bürgermeister vorstellt.
Der Bürgermeister ist weg und mit der Schulreform auch das zentrale grüne Projekt der Koalition. Ob Moorburg, Elbvertiefung oder Primarschule - die GAL ist mit allen zentralen Themen faktisch gescheitert.
Es gibt eine Menge Projekte aus dem grün-schwarzen Koalitonsvertrag, die weiterhin bewegt werden. Von den Vorbereitungen auf die Umwelthauptstadt 2011, über die Stärkung der Bürgerrechte, mehr Sozialisierung durch die Stärkung des offenen Vollzugs und Gründung der Stadtwerke, bis zur Förderung des Radverkehrs, als zentralem Element einer Umsteuerung in der Verkehrspolitik…
… das ändert nichts daran, dass mit der Primarschule das letzte große grüne Thema beerdigt wurde.
Aber die Wählerinnen und Wähler sehen doch, dass es einen Volksentscheid gegeben hat und wir nicht am Koalitionspartner gescheitert sind und deshalb die Koalition in Frage stellen müssen.
Die gescheiterte Schulreform ist ganz eng mit dem Namen Christa Goetsch verbunden. Da steht die Frage nach den Konsequenzen im Raum, die die Schulsenatorin aus dieser Niederlage ziehen muss.
Das ist zu kurz gegriffen. Wir lassen durch Bürgerbegehren und Volksentscheide zu, dass es in der Bevölkerung Mehrheiten gibt, die das Parlament in Sachfragen korrigieren können. Dadurch sind solche Entscheidungen entkoppelt von den Spielregeln von Koalitionen. Christa Goetsch hat zudem die zentralen Entscheidungen mit allen FunktionsträgerInnen der Grünen und des Koalitionspartners zusammen getroffen. Auch deshalb kann es nicht darum gehen, dass diese eine Person jetzt Konsequenzen aus der Abstimmungsniederlage ziehen muss.
Die Frage bleibt, ob ein solcher Autoritätsverlust für eine Senatorin politisch überlebbar ist.
Da habe ich wenig Sorgen.
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