Justiz: Bewährung für Volksverhetzer
Amtsgericht verurteilt Ex-NPD-Landeschef zu Bewährungs- und Geldstrafe. Er hatte Politiker mit Migrationshintergrund aufgefordert, Deutschland zu verlassen.
Wenn man die ersatzlose Abschaffung des Asylrechts fordert, dann ist das kein Wahlkampf, sondern Volksverhetzung. Das machte das Amtsgericht Tiergarten am Donnerstag dem NPD-Funktionär Jörg Hähnel deutlich. Richter Alexander Meckies sah es als erwiesen an, dass Hähnel während des letzten Bundestagswahlkampfs zum Hass gegen Ausländer aufgestachelt hat. Er verurteilte Hähnel zu zehn Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe von 2.000 Euro.
Die NPD hatte im Spätsommer 2009 rund 30 Briefe an Berliner Lokalpolitiker mit Migrationshintergrund verschickt. In diesen Briefen informierte ein "Ausländerrückführungsbeauftragter" über einen "Fünf-Punkte-Plan" zur Rückführung der Ausländer in ihre "Heimatländer". Die Polizei durchsuchte daraufhin die NPD-Parteizentrale in Köpenick und beschlagnahmte unter anderem Hähnels Arbeitscomputer. Es wurde festgestellt, dass das Schreiben darauf geschrieben worden war.
Beim ersten Prozesstag im September hatte Hähnels Anwalt Wolfram Nahrath beantragt, 22 der Briefempfänger als Zeugen zu laden. Acht von ihnen erschienen am Mittwoch vor Gericht. "Als ich den Brief aufmachte, dachte ich gleich an die Brandanschläge von Mölln und Solingen. Damals starben Menschen, nur weil sie nicht aus Deutschland kamen", sagte Gülaysan Karaaslan von der Neuköllner Linkspartei aus. Als Hähnels Anwalt sie fragte, woher sie wisse, dass die Brandstifter damals Nazis gewesen seien, ging ein Raunen durch den Gerichtssaal. "Die Täter wurden verurteilt", rief ein Zuschauer empört.
Nader Khalil von der Neuköllner CDU fühlte sich ebenfalls bedroht von dem Schreiben. "Ich hatte Angst um meine Familie und Kinder", sagte er. Vor allem war er empört: "Ich weiß nicht, woher Sie sich das Recht nehmen, mich aufzufordern, Deutschland zu verlassen", sagte er Richtung Hähnel. Er habe wahrscheinlich schon mehr für dieses Land getan als die, die ihm den Brief geschickt haben.
Der Angeklagte und sein Verteidiger zeigten keinerlei Unrechtsbewusstsein. "Ich kann die Vorwürfe nicht nachvollziehen und will mich deswegen nicht zur Sache äußern", erklärte Hähnel vor der Zeugenvernehmung. Sein Anwalt, der häufig Neonazis vertritt, behauptete, dass Hähnel im Sinne des Grundgesetzes gehandelt habe. Er setze sich für die Identität Deutschlands ein, wenn er die "multikulturelle Gesellschaft" radikal ablehne.
Dieser verqueren Logik des Verteidigers konnte der Richter nicht folgen. In seiner Urteilsbegründung sagte er, dass Hähnel primitive Ängste vor Überfremdung geschürt und versucht habe, eine feindliche Stimmung gegenüber "Ausländern" zu schüren. Hähnel wende sich gegen Kulturen, die Teil der deutschen Gesellschaft sind. So antwortete ein Empfänger des Briefes auf die Frage des Verteidigers, wo er her sei: "Ich bin Berliner."
Was Hähnel schmerzen wird: Zusätzlich zur Bewährungsstrafe soll er je 1.000 Euro an "Human Rights Watch" und die "DAV-Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewalt" zahlen.
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