: „Junge Welt“ will sich an Westkonzern verkaufen
■ Geschäftsführer kritisiert Treuhand wegen Verzögerung des Verkaufs/ Ohne Kapital nicht überlebensfähig
Berlin. Der Geschäftsführer des Verlages Junge Welt, Wolfgang Tietze, hält einen Liquidationskonkurs für unvermeidbar, wenn die Berliner Treuhandanstalt nicht bald eine Lösung für das Unternehmen finde. Der Verlag steuere mit seinen 400 Mitarbeitern durch die Untätigkeit der Treuhand in eine schwere Krise: „Der Verlag Junge Welt ist ohne Partner nicht überlebensfähig“, sagte Tietze. Ein Interessent sei mit dem Hamburger Bauer-Verlag schon seit längerer Zeit gefunden. Doch die Treuhand weigere sich, die Eigentums- und Gesellschafterverhältnisse zu klären und damit die Voraussetzungen für eine Verbindung zu schaffen. Obwohl das Unternehmen schuldenfrei sei und auch seit längerem eine DM-Eröffnungsbilanz vorliege, zeichne sich schon für die nächste Zeit eine schwierige Lage ab, sagte Tietze. Die elf Produkte — darunter Zeitschriften für Kinder und Jugendliche sowie die einstmals auflagenstärkste Tageszeitung der DDR, 'Junge Welt‘ — seien nicht durchgängig in den schwarzen Zahlen. Kredite würden aber von den Banken mit Hinweis auf die unklaren Verhältnisse abgelehnt.
Die Treuhandanstalt teilte hierzu mit, daß sie eine Übernahme des Verlages befürworte. Bislang sei man dort jedoch der Aufforderung nach Einreichung von „prüfbaren Unterlagen“ nicht nachgekommen. Daher sei man über die Vorwürfe verwundert.
Der Verlag wurde 1946 als GmbH gegründet und war vier Jahrzehnte Hausverlag der SED-Jugendorganisation FDJ. Im Dezember 1989 trennte er sich von seinem Herausgeber und handelte fortan auf eigene Faust. Die Auflage sank von 1,8 Millionen auf 180.000 gedruckte Exemplare. Unter die Aufsicht der Treuhand kam der Verlag durch das Urteil der Kommission zum SED-Parteienvermögen. dpa
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