Jugendstudie: Kids brauchen schwule Freunde
Nach der Veröffentlichung einer Studie zur Homophobie bei jungen Migranten ist die Integrationssenatorin beunruhigt. Grüne: Berlin darf sich damit nicht abfinden.
Integrationssenatorin Heidi Knake-Werner (Linke) hat sich dafür ausgesprochen, dass Homosexualität als Thema im Ethik-Unterricht behandelt werden soll. Es gehöre aber auch in die Integrationskurse sowie in das Islamforum und in die Jugendsozialarbeit. Die Senatorin reagierte damit auf die Ergebnisse eine Studie, die der Kieler Psychologie-Professor Bernd Simon gestern in Berlin vorstellte.
Laut dieser Studie sind Jugendliche nichtdeutscher Herkunft deutlich homosexuellenfeindlicher eingestellt als ihre Altersgenossen ohne Migrationshintergrund. Die Mitarbeiter der Christian-Albrechts-Universität in Kiel hatten im Sommer 2006 in elf Berliner Gesamtschulen und Gymnasien Fragebögen verteilt. Bei den Migranten konzentrierten sie sich auf die Türkischstämmigen sowie auf Jugendliche aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Und stellten fest, dass beide Gruppen sich sehr viel schwulen- und lesbenfeindlicher äußerten als die deutschen Schüler.
Die Integrationssenatorin begrüßte, dass mit der Studie die Diskussion versachlicht würde. Angesichts des Befundes zeigte sie sich jedoch beunruhigt. In einer "weltoffenen Stadt" wie Berlin sei eine solche Entwicklung bedenklich. Die Integration junger Migranten müsse weiter verbessert werden. "Wer keine Perspektive hat in diesem Land, dem fällt es schwer, Anderslebende und -liebende zu akzeptieren".
Thomas Birk, lesben- und schwulenpolitischer Sprecher der Grünen, forderte den Senat zum Handeln auf. "Er muss ressortübergreifend darauf hinwirken, dass Schulen sich öffnen für Projekte, die über gleichgeschlechtliche Lebensweisen aufklären." Lehrer sollten zu Fortbildungen zum Thema Vielfalt ermutigt werden. Auch im Freizeitbereich und im Sport müssten mehr Möglichkeiten geschaffen werden, Jugendliche gleich welcher Herkunft mit Lesben und Schwulen in Kontakt zu bringen. Denn auch das ist ein Ergebnis der Studie: Die Befragten waren Homosexuellen gegenüber aufgeschlossener, wenn sie selbst einen Betroffenen kannten.
Evrim Baba, Abgeordnete der Linken und selbst Migrantin, ist von den Ergebnissen der Studie nicht überrascht. Man müsse über Vereine versuchen, an die Jugendlichen heranzukommen. Baba glaubt, dass es nicht nur in der türkischen, sondern auch in der arabischen Community viele Vorbehalte Schwulen und Lesben gegenüber gibt. "Homosexualität ist für viele ein Tabuthema. Das müssen wir ändern."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was