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Jugendsenatorin mit Jugendlichen auf Sie und Sie

■ Anne Klein referierte gestern vor Neuköllner Jugendlichen über die „Auseinandersetzungen zwischen Jugendgruppen“ / Die Einladung war vom SPD-Bürgerladen und der „Neuköllner Jugendkonferenz“ ausgesprochen worden / Hans-Jochen Vogel am Abend erwartet

Neukölln. Eine handverlesene Gruppe deutscher und ausländischer Jugendlicher kam gestern nachmittag in den zweifelhaften Genuß, sich ein Referat von Jugendsenatorin Anne Klein über die Auseinandersetzungen „zwischen verschiedenen Jugendgruppierungen unter besonderer Berücksichtigung der Situation ausländischer Jugendlicher in Berlin“ anzuhören: Der hauptsächlich vom Blatt abgelesene Vortrag war so langweilig und ermüdend, daß eine 18jährige Schülerin nach einer halben Stunde einen flehenden Blick gen Decke schickte und leise stöhnte: „Kann nicht mal jemand eingreifen?“

Die Jugendsenatorin war an diesem Nachmittag einer Einladung des Neuköllner SPD-Bürgerladens gefolgt, der in Zusammenarbeit mit der „Neuköllner Jugendkonferenz“ ein Hearing über Jugendprobleme veranstaltet.

Ebenso wie Anne Klein war auch der ehemalige Berliner Bürgermeister und SPD-Bundesvorsitzende Hans-Jochen Vogel, der den Bügerladen vor neun Jahren mit aus der Taufe gehoben hatte, eingeladen worden, hatte in seinem vollen Terminkalender aber erst am frühen Abend eine Stunde freischaufeln können. Die „Neuköllner Jugendkonferenz“ begreift sich als dezentrale Gruppe der in Bonn stattfindenden „jugendpolitischen Konferenz“. Zur Bonner Jugendkonferenz werden regelmäßig Hunderte von Jugendlichen aus dem gesamten Bundesgebiet eingeladen um mit Bundestagsabgeordneten über ihre Probleme zu diskutieren. Die gestrige „Neuköllner Jugendkonferenz“ war von dem Schüler Oktay Atci initiiert worden. Der ehemalige Teilnehmer der Bonner Jugendkonferenz hatte sich dazu aufgerufen gefühlt, eine ähnliche Veranstaltung auf dezentraler Ebene zu wiederholen. Die Jugendlichen, die der Einladung gestern gefolgt waren, konnte man jedoch an vier Händen abzählen. Bei der Vorstellung der Gäste zeigte sich zudem, daß die meisten ebenso wie Atcy aus der Otto-Hahn -Gesamtschule kommen. Statt sich auf ein jugendliches Publikum einzustellen, handelte Jugendsenatorin Klein das ihr aufgegebenen Thema in trockener Dozentinnen-Manier ab, indem sie die soziologischen und sozialpolitischen Gründe für das Entstehen von Jugendgruppen aufführte. Von einigen Exkursen abgesehen, ähnelte der Vortrag in weiten Zügen dem Entwurf ihrer Antwort auf eine große Anfrage der Republikaner „zum Problem ausländischer Jugendbanden“, die im März für das Abgeordnetenhaus vorbereitet worden, aber immer wieder von der Tagesordung verschoben worden war. Anne Klein verwahrte sich entschieden gegen die Verwendung des Begriffs „ausländische Jugenbanden“: Daß sei kein Problem ausländischer Jugendlicher und Banden seien es schon gar nicht. Vielmehr seien die Aktivitäten der „Jugendgruppen“ in der Tradition der „Halbstarken-Krawalle“ in den 50er Jahren sowie der 68er Studentenbewegung und Hausbesetzerzeit Anfang der 80er zu sehen, sagte Klein. Die Jugendsenatorin bezweifelte, daß sich die derzeit aktiven Jugendgruppen durch besondere Gewalttätigkeit hervortäten, stellte zur Sicherheit aber klar, daß der Senat Gewalt „nicht als Mittel der Auseinandersetzung akzeptiert“ (usw. blablabla. sezza).

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