Jugendpolitik: Hort-Kompromiss ist gescheitert
Initiative für mehr Hortplätze und die rot-rote Koalition erreichen Annäherung, aber keine Einigung. Nun folgt Volksbegehren
Was bei der Forderung nach mehr Personal in den Kitas noch klappte, ist beim Ruf nach besserer Hortbetreuung gescheitert: Die rot-rote Koalition und die Initiatoren eines Volksbegehrens haben sich nicht einigen können. Die Initiative will daher am heutigen Freitag beantragen, die Stimmensammlung für das Begehren zu starten. Zu Wochenbeginn hatte es so ausgesehen, als sei ein Kompromiss zwischen der Initiative, der SPD und der Linkspartei möglich.
Ziel der Initiative um den Chef des Landeselternausschusses Kita, Burkhard Entrup, ist es, dass Grundschüler nicht nur bis zur vierten, sondern auch in der fünften und sechsten Klasse in den Hort gehen können. Zudem soll die sogenannte Bedarfsprüfung wegfallen - sie klärt bislang ab, ob sich Eltern nicht selbst um ihre Kinder kümmern können. Daneben wird ein subventioniertes Mittagessen für alle Kinder verlangt. Außerdem sollen auf eine Erzieherin nicht länger 22 Kinder kommen, sondern 16.
In den ersten drei Punkten lenkte Rot-Rot bei einem mehrstündigen Gespräch am Mittwochabend ein, beim vierten nicht. Der aber ist für Burkhard Entrup der entscheidende: "Man kann nicht einfach die Türen zu den Horten aufmachen und mehr Kinder aufnehmen, wenn man nichts am Personal verändert - das ist ein Gesamtpaket." Er differenziert: "Die Linken haben das verstanden, aber die SPD nicht." Aber auch der Linke-Bildungsexperte Steffen Zillich sagte der taz: "Das lässt sich nicht auf einen Schlag, sondern nur stufenweise finanzieren." Die Initiative geht von rund 100 Millionen Euro Kosten aus, der Senat von mehr als 240 Millionen.
Der Initiative war es zudem zu wenig, dass SPD und Linkspartei ihre Zugeständnisse nicht sofort ins Schulgesetz schreiben wollten. Sie hatten einen Parlamentsbeschluss im Sinn, der den Senat auffordert, entsprechend zu handeln. Zillich hatte wenig Verständnis für dieses Misstrauen: "Egal, wer nach der Abgeordnetenhauswahl regiert: Hinter eine solche Zusage könnte doch keiner mehr zurück."
Für die SPD-Bildungspolitikerin Felicitas Tesch war eine noch weiter reichende Zusage rein demokratietechnisch nicht zu vertreten: Zu sehr würde dadurch das kommende Parlament und der kommende Senat gebunden.
2009, als es um mehr Personal in den Kitas ging, hatte der Landeselternausschuss Kita in der ersten Stufe des Volksbegehrens derart viele Unterschriften gesammelt, dass ein Erfolg beim Volksentscheid als sicher galt. Der Senat übernahm daher die Forderungen. Da das nun nicht so ist, muss die Initiative in einer zweiten Sammelrunde binnen vier Monaten 172.000 Unterschriften zusammenbringen, damit es einen Volksentscheid gibt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren