Jugendmedienschutz-Staatsvertrag: "Shitstorm" über NRW
Viel Hohn gibt es im Netz für die wackelige grüne Haltung zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Die Ökopartei begründete ihre Zustimmung mit "parlamentarischen Zwängen".

Rot-Grün in NRW will "Ja" zum Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sagen. Bild: dpa
Die Grünen in NRW bemühen sich, im Internet eine gute Figur zu machen. Bloggen, Videos, Twittern – sie decken alles ab. Das wurde ihnen zum Verhängnis. Wegen "parlamentarischer Zwänge" müsse die Fraktion dem Staatsvertrag zum Jugendmedienschutz zustimmen, obwohl sie eigentlich weiterhin dagegen sei, twitterten sie am Montagabend. Damit lösten sie eine Welle der Empörung beziehungsweise einen "Shitstorm", wie es im Netz heißt, aus.
Prompt erschien die Webseite www.parlamentarische-zwaenge.de, auf der sich Wut und kreative Vorschläge, wogegen man sein könnte, sich wegen parlamentarischer Zwänge aber anders entschieden habe. Betrieben wird die Seite von Dennis Morhardt, der SPD-Mitglied in Niedersachsen ist. Der Zeit sagte Morhardt, er habe "alle seine Hoffnungen in die Grünen gesetzt", dass diese den Vertrag noch stoppen würden. Die SPD habe er netzpolitisch "schon lange abgeschrieben".
Einige Blogger kündigten an, ihre Blogs aus dem Netz zu nehmen, sollte der Staatsvertrag wie geplant zum 1. Januar in Kraft treten. Unter anderem müssten dann Inhalte mit einer Altersangabe versehen werden oder dürften nur zu bestimmten Uhrzeiten verfügbar sein. Die Kritik daran ist groß – Bloggern, die ihre Inhalte nicht richtig einordnen, drohen Abmahnungen.
Am 16. Dezember soll das Landesparlament in NRW über den Staatsvertrag abstimmen. Im Juni hatte der ehemalige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) den Staatsvertrag bereits unterzeichnet und die SPD hatte signalisiert, dass sie zustimmen werde. Innerhalb der Grünen-Fraktion ist jetzt die Debatte erneut entbrannt, ob der Vertrag nicht doch noch zu kippen sein könnte.
In einem Entschließungsantrag, der Anfang der Woche versehentlich öffentlich wurde, haben die Fraktionen von Grünen und SPD Kritikpunkte an dem Staatsvertrag gesammelt, grundsätzlich aber angekündigt, dem Staatsvertrag zustimmen zu wollen. Jetzt will der Grünen-Fraktionsvorstand mit der SPD noch einmal über eine Ablehnung des Vertrages verhandeln, hieß es aus der Partei. Vor Montag werde das aber nicht passieren.
Leser*innenkommentare
m3t4b0m4n
Gast
Hallo Julia.
Die Piratenpartei mit 10.000 Mitgliedern ist in Deinen Augen irrelevant, die SPD in Opposition ist in deinen Augen irrelevant, was ist eigentlich noch alles irrelevant, Julia?
Die Bundesgrünen haben im Bundestag auch nicht die Mehrheit, sind sie deshalb irrelevant? Nein, denn Landespolitisch das eine zu suggerieren und im entscheidenden Moment das andere zu tun, ist schließlich hohe politische Kunst.
Ist das die Arroganz der Macht (Meinungsumfragen)?
kotelette
Gast
Bevor ihr den Begriff "Shitstorm" verwendet, schaut ihn vorher nach.
z.B. Vortrag von Sascha Lobo auf re:publica 2010
http://saschalobo.com/2010/04/22/how-to-survive-a-shitstorm/
Dennis Morhardt
Gast
Lieber Autor, ich bitte dich nächstes Mal mich korrekt zu zitieren. Ich habe die SPD in Sachen Netzpolitik nicht komplett abgeschrieben (wäre ich dann noch Mitglied?!), sondern nur in NRW (und Rheinland-Pfalz) abgeschrieben hatte (steht auch so bei der ZEIT). Danke!
Thetruth
Gast
Die Gruenen sind einfach niche mehr waehlbar - Punkt
372 (Profil gelöscht)
Gast
Ich bin nicht die Autorin des Textes. Leider habe ich hier selten Zeit, Texte zu schreiben.
Zur Kritik von Oliver: die Ankündigung der SPD S-H ist ja wohl kaum ernstzunehmen (Opposition), also irrelevant. Entscheidend ist NRW. Und Saarland, haha.
duke
Gast
Leser kritisieren Artikel, Autoren die Kommentare dazu - touché? ;)
372 (Profil gelöscht)
Gast
Immer nur meckern, was?
Oliver
Gast
Wow, super Taz!
Jetzt habt ihr Donnerstag Mittag einen Artikel zu einer Geschichte von Montag-Abend veröffentlicht. Ihr seid echt toll.
Und das noch ganz ohne Hinweis zur heutigen Anhörung im saarländischen Landtag oder zur Entscheidung der SPD-Fraktion in Schleswig-Holstein, dem JMStV nicht zuzustimmen.