: Jugendamt hat für Eltern nichts mehr übrig
■ Weder Zuschüsse zur Kinder-Tagespflege noch Alternative für bis zu Dreijährige
4800 Plätze in der Tagespflege werden von der Stadt Hamburg bezuschußt – und ab sofort nicht ein einziger mehr. Eltern, die eine Tagesmutter für die Betreuung ihres Nachwuchses gefunden haben und beim zuständigen Amt für soziale Dienste einen Zuschuß beantragen wollen, treffen auf Kopfschütteln. Wer den Antrag dennoch stellt, erhält einen Platz auf einer Warteliste, jedoch kaum Aussicht auf baldigen Erfolg. Und besonders für die Unterbringung von bis zu Dreijährigen gibt es kaum Alternativen zur Betreuung durch Tagesmütter. Wer sich die Finanzierung aus eigener Tasche nicht leisten kann, wird vom Arbeitsmarkt in die Sozialhilfe gedrängt.
Für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren besteht in der Hansestadt eine vergleichsweise gute Chance, statt dessen einen Platz in einem Kindertagesheim zu ergattern. Knapp 85 Prozent des Bedarfs an Plätzen in diesem „Elementarbereich“ wird in Hamburg gedeckt, erklärt Jürgen Näther, der die Abteilung „Kindertagesbetreuung“ beim Amt für Jugend leitet. Mehr als die Hälfte der Plätze stehen ganztags zur Verfügung; inklusive Früh- und Spätdienst sind die Tagesheime von sechs bis 18 Uhr geöffnet. Die Versorgungslage insgesamt ist je nach Unterbringungsform und Bezirk jedoch unterschiedlich.
Krippenplätze für Kinder bis drei Jahren sind hingegen in ganz Hamburg äußerst rar. Gerade einmal 17 Prozent des Bedarfs an dieser Betreuungsform wird derzeit gedeckt. Tagesmütterliche Dienste waren bislang eine gute Alternative; die dafür im laufenden Jahr bereits gestellten Behördenmittel seien allerdings auf 27 Millionen Mark begrenzt und bereits ausgeschöpft, erklärt Näther. Da Tagespflegestellen scheinbar unerschöpflich vorhanden sind, sei es für Betroffene schwerlich einzusehen, vermutet er, daß auch hier zumindest die geförderten Platzkapazitäten erschöpft sind.
Nicht einzusehen vermag Martina Clausen (Name geändert) vor allen Dingen, daß sie auch weiterhin von Sozialhilfe leben soll. Die Alleinerziehende hat nach der Geburt ihrer Tochter das Studium beendet; während der Suche nach einem Job wollte sie ihr Kind bei einer Tagesmutter unterbringen. Bei mehreren Krippen steht sie auf der Warteliste. Auf der bislang gültigen „Prioritätenliste“ der Behörde steht sie damit ganz oben, einen Zuschuß zur Tagespflege erhält sie trotzdem nicht. Und die monatlichen 700 Mark für eine sechsstündige tagesmütterliche Betreuung pro Tag wird sie, auch wenn sie eine Stelle findet, selbst nicht aufbringen können.
Ohne die Unterbringung ihres 14 Monate alten Kindes gesichert zu haben, könne sie keinen Job annehmen, meint die 32jährige. Es sei sowieso schon schwierig genug, einen Arbeitsplatz zu finden, der die Familie ernährt und gleichzeitig dem Kind gerecht werden läßt. Wenn sie nach dem Examen nicht schnell einen Job findet, fürchtet sie, werde sie womöglich den Rest ihres Lebens auf Sozialhilfe angewiesen sein. „Und das kostet die Stadt ja wohl wesentlich mehr Geld.“ Stefanie Winter
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