Jugend-Fußball-EM: Schule der Sieger

Deutschlands Nachwuchs soll in der Spitze reifen. Dafür wird Marko Marin vom A-Team in die U21 versetzt: Die Jugendnationalmannschaft soll die EM-Endrunde schaffen.

Muss den Kleinen helfen: Der Gladbacher Marko Marin. Bild: dpa

KÖLN taz Als Deutschlands Fußballnationalmannschaft am Dienstag vor 22.000 Zuschauern in der Düsseldorfer Arena trainierte, hielten ein paar Leute ein großes Plakat in die Höhe: "Wir vermissen Marko Marin." Der junge Mönchengladbacher Spieler ist diesmal nicht nominiert worden von Bundestrainer Joachim Löw. Und das hat einen ungewöhnlichen Grund: Der Deutsche Fußballbund (DFB) hat eine wichtigere Aufgabe für Marin. Der junge Fußballer soll die U21 zur Europameisterschaft führen. Am heutigen Freitag in Magdeburg (19 Uhr/DSF) und am kommenden Mittwoch in Metz spielt Deutschland in den Playoff-Spiele gegen Frankreich, und diesmal tut der DFB alles, um nicht noch einmal zu scheitern.

Der Verband hat aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, denn vor zwei Jahren wurde Piotr Trochowski genau vor den entscheidenden Qualifikationsspielen aus der Mittelfeldzentrale der U21 auf die Bank von Löws A-Team befördert. Dem Nachwuchs fehlte Trochowski schmerzlich, Deutschland scheiterte an England. Diesmal habe man "im Sinne einer guten Planung abgewogen", erzählt Sportdirektor Matthias Sammer, der damals im Mittelpunkt der Kritik stand, nun und Löw meint: "Es ist wichtig, dass unsere Mannschaft den Sprung zur EM-Endrunde schafft, daher haben wir entschieden, mit Marko Marin einen Spieler für die Playoff-Begegnungen abzustellen, der in den Planungen der Nationalmannschaft bereits eine wichtige Rolle spielt." Regelmäßige Turnierteilnahmen aller Jungendnationalmannschaften sind für den Verband mittlerweile von größter Bedeutung.

Noch um die Jahrtausendwende dachten viele Nachwuchstrainer, junge Sportler entwickeln sich am besten, wenn sie ohne großen Erfolgsdruck ihre fußballerischen Grundlagen ausbilden können. Nun sagt Sammer: "Bei diesen Turnieren werden wichtige Erfahrungen gesammelt, die sich auf das Sportliche begründen, aber letztendlich auch auf eine Mentalität." Im Klubumfeld lassen sich keine vergleichbaren Kenntnisse sammeln, denn ein Turnier folgt einem eigenen Rhythmus, die Vorbereitung ist anders gestaltet, und es ergeben sich besondere Dynamiken in der Gruppe während der vier, fünf intensiven Wochen rund um so eine EM. Außerdem geht es um große Titel.

Das beste Beispiel ist das Kontinentalturnier von 2004. Damals spielten mit Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger, Mike Hanke, David Odonkor, Thomas Hitzlsperger und Robert Huth sechs Spieler für Deutschland, die zwei Jahre später bei der WM in Jürgen Klinsmanns A-Kader standen. Denen hat die EM geholfen, und beim DFB wusste man, wie sich die jungen Fußballer während der wochenlangen Kasernierung mit den Kollegen verhalten. "Wir wollen die Mentalität von Siegertypen herausbilden", sagt Sammer, und das geht natürlich am besten, wenn um Titel gespielt wird.

Deshalb steht vor den wichtigen Spielen gegen die Franzosen neben dem Team auch der Trainer gehörig unter Druck. Dieter Eilts blickt auf zweieinhalb durchwachsene Jahre zurück. Neben einzelnen Spielen, in denen der Nachwuchs wunderbaren Offensivfußballs spielte, schied die Mannschaft bei der EM 2006 in der Vorrunde aus, und das Turnier 2007 fand ganz ohne Deutschland statt. Nach einem weiteren Misserfolg stünde Eilts im Fokus der Kritik. Sammer sagt zwar, "das ist spekulativ", denn die Paarung Deutschland-Frankreich sei "das Nonplusultra unter den sieben Paarungen", und für das Los könne Eilts nichts. Er sagt aber auch: "Die Mannschaft hat immer wieder angedeutet, was sie kann, aber sie muss gegen Frankreich nichts andeuten, sie muss ihre Leistungsstärke zeigen."

Sammer ist überzeugt, dass Deutschland mit Spielern wie Marin, Manuel Neuer, Andreas Beck, Mesut Özil, Ashkan Dejagah, Gonzalo Castro, Sami Khedira oder Aaron Hunt nominell besser besetzt ist als Frankreich. Diese teilweise international erfahrenen Spieler sollten dem Druck standhalten können, Sammer fordert schließlich nur konsequent jene Qualitäten, die von der A-Nationalmannschaft ohnehin erwartet werden: "Wir wollen bei solchen Turnieren ganz klar siegorientiert agieren." Nun muss die vielleicht talentierteste U21 der vergangenen 20 Jahre zeigen, dass sie die von Sammer geforderte Siegermentalität besitzt.

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