Jüdisches Museum in Brüssel: Antisemitischer Anschlag vermutet
Im Jüdischen Museum in Brüssel sind bei einer Schießerei drei Menschen getötet worden. Israel stuft die Tat als Terroranschlag ein.
BRÜSSEL/JERUSALEM dpa | Nach dem Angriff auf das Jüdische Museum in Brüssel läuft die Fahndung nach dem bisher unbekannten Täter auf Hochtouren. Das Gewaltverbrechen forderte nach einem Medienbericht inzwischen ein viertes Menschenleben.
Ein bei der Bluttat am Samstag schwer verletzten Mann sei in einem „extrem kritischen Zustand“, sagte der Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur am Sonntag der Nachrichtenagentur Belga und dementierte damit einen Medienbericht. Die Tageszeitung Le Soir hatte zuvor auf ihrer Internetseite berichtet, der Mann sei gestorben. Unter den Toten befindet sich nach offiziellen Angaben ein Paar aus Israel.
Ein unbekannter Täter hatte in dem Museum in der Innenstadt aus noch ungeklärten Motiven um sich geschossen und dabei drei Menschen getötet. Der Verdächtige ist weiter flüchtig. Ermittler nahmen Stunden nach dem Anschlag eine Person fest – diese habe aber den Status eines Zeugen und nicht eines Verdächtigen. Die Staatsanwaltschaft will sich nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga am späten Vormittag erneut zu dem Anschlag äußern, dessen Hintergründe bisher unklar sind.
Augenzeugen berichteten von einem Mann, der am Samstagnachmittag in dem belebten Stadtviertel mit einem Rucksack in das Museum kam, um sich schoss und dann die Flucht ergriff. Auf die Frage von Journalisten, ob es sich um ein antisemitisches Attentat handele, sagte Innenministerin Joëlle Milquet: „Es gibt eine starke Vermutung.“ Aber es sei Sache der Ermittler, dies festzustellen. Sie kündigte verstärkten Polizeischutz für jüdische Einrichtungen im ganzen Land an.
„Entsetzt über diese grausame Tat“
Zwei der drei Todesopfer waren Touristen aus Israel. Das bestätigte Paul Hirschson vom israelischen Außenministerium in Jerusalem der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag. Zurzeit werde alles vorbereitet, um die Leichen in die Heimat überzuführen. Es handele sich um ein Paar aus Tel Aviv, die Angehörigen seien verständigt worden, fügte der Diplomat hinzu.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte die Tat in der Nacht als Folge einer Aufstachelung gegen Juden verurteilt. Auch die EU verurteilte die Tat. Sie sei solidarisch mit den belgischen Behörden und der jüdischen Gemeinschaft, erklärte EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton.
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern äußerte sich bestürzt. „Ich bin entsetzt über diese grausame Tat“, sagte Knobloch am Samstagabend laut Pressemitteilung.
Das Jüdische Museum in Brüssel hatte vor neun Jahren geöffnet. Es besitzt eine bedeutende Sammlung mit Objekten der jüdischen Geschichte. Das Attentat überschattet die Parlaments-, Regional- und Europawahlen in Belgien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn