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Judenjagd im hessischen Gedern

■ Eine Solidaritätsdemonstration für einen jüdischen Arzt wird zu einem Spießrutenlauf

Aus Gedern Reinhard Mohr

Fast ein Spießrutenlaufen war am Samstag abend eine von den Grünen angemeldete Demonstration in der osthessischen Kleinstadt Gedern. Dort war in der letzten Woche das Haus eines jüdischen Arztes, das gerade zur Unterkunft für Asylbewerber umgebaut wurde, vermutlich durch Brandstiftung abgebrannt worden. Die etwa vierhundert Teilnehmer der Protestdemonstration sahen sich mit einer zum Teil äußerst aggressiven Stimmung in der Bevölkerung konfrontiert, die sich durch Presseberichte über eine Kampagne der Dörfler gegen den Arzt verunglimpft fühlt. Immer wieder wurden die Demonstranten als „arbeitsscheues Gesindel“ beschimpft, über die „mal ein Tieflader drübergehen sollte“. Mit hochroten Köpfen, Alkoholfahne und großer Stimmkraft wurde den „Ruhestörern“ klargemacht, daß man hier „nichts gegen Juden“ habe. Auf der Kundgebung kündigte der jüdische Arzt Dan Kiesel an, er werde Gedern verlassen. Hier könne er nicht mehr leben. Seit er im Jahr 1982 die Praxis eröffnet hatte, wurde er mit Morddrohungen, Nazi– Schmierereien und Drohbriefen eingedeckt. Zuletzt hatte ein Ex–Patient einen Davidsstern auf ein Hausfenster geklebt. Reportage auf Seite 5

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