Joschka Fischer berät BMW: Öko-Bewusstsein schulen
Nach einem Pipeline-Projekt akquiriert der prominente Grüne den bayerischen Nobelauto-Hersteller als Kunden. Fischers Parteifreund Hans-Christian Ströbele: "Ich würde das nicht so machen".
BERLIN dpa/ap/taz | Der ehemalige Grünen-Spitzenpolitiker Joschka Fischer wird Berater des Luxus-Autoherstellers BMW. Er soll den Münchner Konzern bei der Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie unterstützen, wie verschiedene Medien am Wochenende berichteten. Das Unternehmen ist vor allem für seine hochmotorisierten und besonders viel Sprit verbrauchenden Fahrzeuge bekannt. Für Schlagzeilen hatte Fischer bereits Anfang Juli mit seiner Rolle als Lobbyist der Nabucco-Pipeline gesorgt, mit der künftig Erdgas von Zentralasien nach Europa transportiert werden soll.
Der Spiegel berichtete unter Berufung auf BMW-Kreise, Fischer solle "Ideen und Denkanstöße" geben, wie das Ökobewusstsein bei allen Mitarbeitern des Konzerns weiter gestärkt werden könne. Der frühere Vizekanzler, Außenminister, hessische Umweltminister und Taxifahrer sei aus Sicht von BMW die erste Wahl für den Job: Kaum jemand sonst könne "gewichtiger" und "glaubwürdiger" über Nachhaltigkeit sprechen. Zudem verfüge er aufgrund seiner internationalen Erfahrung über einen reichen Schatz an Ideen.
Bild am Sonntag meldete, sowohl der Energiekonzern RWE als auch BMW seien Kunden von Fischers neu gegründeter Beratungsfirma "Joschka Fischer & Co.", die in diesem Herbst ihr Büro in Berlin eröffnen werde. Partner des einstigen Außenministers sei ein alter Weggefährte, der ehemalige Grünen-Fraktionssprecher Dietmar Huber. BMW-Kommunikationschef Maximilian Schöberl bestätigte dem Blatt nach ein Engagement Fischers.
FDP-Parteichef Guido Westerwelle nutzte das für seinen Wahlkampf: "Es ist richtig schade, dass Grüne immer dann in der sozialen Marktwirtschaft ankommen, wenn ihre Amtszeit vorbei ist", feixte Westerwelle am Sonntag in Potsdam.
Der Berliner Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele, der 2002 mit dem Slogan "Ströbele wählen heißt Fischer quälen" auf Stimmenfang ging, erklärte, er wolle die Nachricht nicht kommentieren. Schließlich bekleide der bekannteste Grüne ja seit vier Jahren keine Parteiämter mehr. Im Gespräch mit der taz ergänzte Ströbele jedoch: "Ich selbst würde das aus inhaltlichen Gründen nicht so machen, weil ich überzeugt, bin, dass diese Art von Autos nicht mehr die Zukunft ist."
BMW hatte im ersten Halbjahr zweistellige Absatzeinbrüche einstecken müssen. Einsparungen sollen dem Konzern bei der Erfüllung der Renditevorgabe helfen. Zudem soll der Spritverbrauch der Edelkarossen mit neuen Techniken gesenkt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ostdeutschland wählt rechtsradikal
Was, wenn alles nicht mehr hilft?
Letzte Generation orientiert sich um
„Die Straßenblockaden hatten eine strategische Funktion“
Nach dem Eklat im Oval Office
Europa, wohin?
Nach der Bundestagswahl
Braucht Deutschland Robert Habeck nicht?
Vorfall in Mannheim
Autofahrer rast durch Fußgängerzone
Donald Trump und die Aktienkurse
Die Wahrheit der Börsen