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John Edwards unterstützt ObamaZwei Männer gegen Hillary

Edwards unterstützt Obama. Er stiehlt damit Clinton nicht nur die Show. Er füllt Obamas schwache Stelle aus: Seine fehlende Anziehungskraft auf weiße Arbeiter.

Königsmacher. Bild: ap

WASHINGTON taz Der Mann hat sich Zeit gelassen. Fast drei Monate lang hat der aus dem Rennen um die demokratische Präsidentschaftsnominierung schon im Januar ausgestiegene John Edwards sorgfältig abgewägt. Sowohl Hillary Clinton als auch Barack Obama hatten ihn bereits seit Wochen umworben. Am Mittwoch abend schließlich erklärte der prominente Ex-Bewerber offiziell seine Unterstützung für den schwarzen Senator Barack Obama. "Es gibt einen Mann, der in seinem Herzen weiß, dass es höchste Zeit ist ein geeintes Amerika zu schaffen - und dieser Mann ist Barack Obama", sagte Edwards bei einer gemeinsamen Wahlkampfveranstaltung mit Obama im US-Bundesstaat Michigan.

Für den Senator aus Illinois bedeutet Edwards Unterstützung einen kräftigen Schub Richtung Zielgerade. Der Zeitpunkt war taktisch klug gewählt. Gerade hatte Hillary Clinton in West Virginia mit zwei Dritteln der Stimmen ihren höchsten Sieg gegen Obama eingefahren - und vermutlich hätte sie damit auch noch die Abendnachrichten nach der Wahlnacht beherrscht. Wenn nicht kurz vorher dieser Auftritt Edwards an der Seite Obamas angesetzt worden wäre.

Ein Wahlanalyst des US-Senders CNN kommentierte dies mit den Worten: "Die Nominierung ist durch." Ein sichtlich zufriedener Obama dankte dem glücklosen Politiker für die Unterstützung und "für alles, was John bereits getan hat, um ein geeintes Amerika zu schaffen". Edwards begründete seinen lang erwarteten Schritt mit der Erklärung, dass sich die "Wähler der Demokraten entschieden haben, ich habe mich auch entschieden". Das alles zu sehen, als "Breaking news" in allen Nachrichtenshows.

Edwards rief die demokratische Partei zur Geschlossenheit auf, um bei der Präsidentschaftswahl am 4. November den republikanischen Bewerber John McCain schlagen zu können. Obama sei der Mann, der die Mauern in der US-Gesellschaft sowie zwischen den Menschen und der politischen Führung in Washington einreißen könne. Es ist noch unklar, welche Rolle Edwards in Obamas Team spielen wird. Denkbar ist das Amt des Vizepräsidenten-Kandidaten, möglich aber auch eine Nominierung im Schatten-Kabinett.

Edwards, 2004 schon einmal Vizepräsidentschaftskandidat, mußte Ende Januar seine Kandidatur wegen anhaltender Erfolglosigkeit aufgeben und war aus dem Vorwahlkampf ausgestiegen. Seitdem hatte der bei der weißen Kernwählerschaft der Demokraten beliebte Mann beharrlich geschwiegen, wenn er nach seiner Präferenz für einen der beiden Kandidaten gefragt wurde.

Edwards hatte früher als Verbraucheranwalt gearbeitet und sich mit einem klaren linkspopulistischen Kurs, gegen Industrielobbys, gegen das Großkapital, für den kleinen Mann beliebt gemacht bei Gewerkschaftern und Arbeitern. Eben jenen Schichten, die noch Vorbehalte gegen Obama haben. Gern kokettierte er mit seinem Makel, ein "weißer Mann" zu sein, als er noch aktiv im Vorwahlkampf stand - als Nummer drei hinter Obama und Clinton.

Einigen Wahlexperten gilt Edwards Schulterschluß als entscheidende Geste für Obamas Wahlkampf. Zwar konnte Edwards nur die Stimmen von 19 Delegierten für sich gewinnen, denen er jetzt ans Herz legt, für Obama zu stimmen. Doch der symbolische Gewinn für Obama ist erheblich.

Wie wichtig Edwards für Obama sein könnte, zeigte auch sein Stimmanteil in West Virginia, wo er noch sieben Prozent der Stimmen holte, obwohl er gar nicht mehr im Rennen war. In jenem fast komplett weißen Bundesstaat also, dem Staat der Kohleminen und Arbeiter, in dem Obama bloß 27 Prozent der demokratischen Wähler für sich gewinnen konnte.

Nach der Zählung des Senders CNN verfügt Obama jetzt über 1.600 an die Vorwahl-Ergebnisse gebundene Delegiertenstimmen, seine Rivalin über 1.445. Überdies haben sich bereits 284 Superdelegierte für ihn ausgesprochen, für Clinton 273. Für eine automatische Nominierung ist eine Mehrheit von 2.025 Delegiertenstimmen erforderlich.

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