Johannes Kopp über Manipulation im Tennis: Das Märchen der Selbstkontrolle
Im Kreis der Sportbegeisterten werden gern Märchen erzählt, und damit sind nicht nur die Sommermärchen gemeint. Beliebt ist auch das Märchen von der Integrität des Sports, die es zu schützen gilt gegen die bösen Betrüger, die mit manipulierten Spielen auf dem Wettmarkt reichlich Geld verdienen. Insofern überrascht an der Meldung, dass nun auch 16 Tennisprofis aus den Top 50 in Spielabsprachen verwickelt gewesen sein sollen, nur der Umstand, wie viel Überraschung und Entsetzen diese Nachricht noch auszulösen vermag.
Zumal sich dieser Sport bestens für Manipulationsversuche eignet. Man muss nur zwei Spielern den Kopf verdrehen, und es lassen sich bestens Einzelwetten platzieren. Um das Preisgeld hübsch aufzubessern, verliert ein Spitzenspieler doch auch mal gern einen ersten Satz gegen einen gnadenlos unterlegenen Gegner.
Generell ist es nur mit dem geringen Ermittlungseifer zu erklären, weshalb bislang im organisierten Sport so wenige Betrugsversuche öffentlich wurden. Nach der Wettbetrugsaffäre rund um den Fußballschiedsrichter Robert Hoyzer hat es in Deutschland erstaunliche zehn Jahre bis zu einer Gesetzesinitiative gedauert, mit der Sportbetrug künftig unter Strafe gestellt werden soll.
Am Glauben des unbefleckten Sports will trotz etlicher Affären kaum einer so richtig rühren. In dieses Bild passt es auch, dass den Tennisfunktionären von den Enthüllungsjournalisten jetzt der Vorwurf gemacht wird, auf entsprechende Hinweise gar nicht reagiert zu haben. Zwar gehört es unter den internationalen Sportverbänden mittlerweile zum Standard, Firmen mit der Überwachung der Wettmärkte zu beauftragen, die Ermittler sind jedoch vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Es fehlt also an unabhängigen Kontrollinstanzen, die sich nicht um Negativschlagzeilen scheren. Der Sport kann sich nicht selbst kontrollieren. Ansonsten wird man sich noch viele Märchen anhören müssen.
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