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Johanna Weinz hat den Kreuzberger Ukuleleladen besucht, der schließen mussAbschied vom „hüpfenden Floh“

Alles muss raus“, steht an der Fensterscheibe des kleinen Musikgeschäfts. Drinnen erinnert nur noch ein trauriger Restbestand an gute Geschäftstage. Neben leeren weißen Haken hängen noch vereinzelt Ukulelen. Eine, die so klein ist, dass es schwer vorstellbar ist, jemanden darauf spielen zu hören, etwa. Eine andere aus dem Holz einer Zigarrenbox.

Auf dem Boden stehen Umzugskartons. Denn Leleland, das Ukulelefachgeschäft an der Gneisenaustraße in Kreuzberg, schließt. Wie so oft in Berlin ist der Grund dafür der Hausverkauf nach vorangegangener Sanierung. Bis Ende des Monats muss der 66-jährige Anwohner und Ladenbesitzer Harry Truetsch draußen sein.

Anders als andere Berliner Musikgeschäfte, die in den letzten Jahren wegen sinkender Nachfrage und zunehmendem Onlinehandel von Musik­instrumenten aufgeben mussten, lief das Geschäft gut. Oder gerade deswegen: Truetsch füllte mit seinem Ukulelegeschäft eine Lücke. Leleland ist der einzige Laden nur für Ukulelen mit festen Öffnungszeiten in ganz Europa. Das Geschäft gibt es seit 2010.

„Schau, so sah es hier früher aus“ – Truetsch zeigt auf die Vorderseite einer Postkarte: eine Wand, von oben bis unten bedeckt mit Ukulelen in verschiedenen Formen und Farben. Rund 250 Stück hatte er im Angebot. Und auch andere kleine Instrumente. Cavaquinihos und Braguinha zum Beispiel – Schwestern der Ukulele. Im Aussehen ähnlich, aber anders gestimmt. „Es ist egal, wie das Instrument aussieht, die Stimmung ist entscheidend“, sagt Truetsch. Generell klinge auch jedes Instrument unterschiedlich, da jedes Holz, das den Klangkörper bilde, von einem anderen Baum stamme. „Darum muss man das Instrument beim Kauf auch spüren und hören.“

Ukulele, das heißt auf Hawaiianisch „hüpfender Floh“. Man erzählt, dass der Portugiese, der die Ukulele – damals noch „Machete“ genannt –, von Madeira nach Hawaii brachte, so schnell darauf gespielt habe, dass die Finger hüpften wie Flöhe.

Anders als in anderen Ländern wurde das Ukulelespiel in Deutschland erst im Laufe des 20. Jahrhunderts populär, das Instrument lange als „Kindergitarre“ belächelt. Heute sei das Ukulelespielen aber normal geworden, erzählt der Fachmann. Die handliche Größe sei für viele – wie ihn selbst – der Grund, das Instrument zu erlernen. Zudem sei der Einstieg leichter, da sie nur vier statt sechs Saiten habe. Auch die Gemeinschaft sei besonders, betont Truetsch: „Viele treffen sich zum gemeinsamen Ukulelespielen.“

Ob es Leleland zukünftig wieder geben wird, ist unklar. Neben der bezahlbaren Miete sucht Truetsch Schatten wegen des Holzes der Instrumente und einen barrierefreien Zugang wegen seiner oft älteren Kundschaft.

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