Jörn Kabisch Angezapft :
Es ist ein Erfolg dieser Kolumne, dass gutes Bier nicht mehr sicher ist im taz-Haus in der Rudi-Dutschke-Straße. In diesem Fall Bier aus Franken, von jungen Brauern aus Nürnberg und Bamberg. Die Flaschen saßen in einem handlichen Karton aus Pappe. Vom Schoko-Bär von Veto, ein Stout aus einem Familienbetrieb in Feucht, hätte ich gern erzählt. Als flüssiger Nachtisch wurde es mir beschrieben, fast wie ein Fondant, dieses Küchlein mit zerfließendem Schokoladenkern. Aber die Flasche ist weg, genauso wie das Nikl Summer Ale, ein Leichtbier mit 3,2 Prozent. Ich war gespannt, wie der Brauer bei so wenig Alkohol Geschmack ins Bier bringt. Der Karton, die kleine Sammlung aus der fränkischen Schweiz, steht nun leer auf dem Schreibtisch.
Im Dreieck zwischen Nürnberg, Bamberg und Bayreuth ist die Brauereidichte die höchste der Welt. Für einige Biere muss man einen weiten Weg auf sich nehmen, und man quittiert mit Stolz die Blicke, die im Zug fragend auf den Flaschen fallen. Nein, nichts zum Saufen, zum Genießen.
Ob es ein Säufer war, ein Connaisseur – oder mehrere? Das Delikt jedenfalls ist eindeutig: Mundraub im engeren Sinne, ein Straftatbestand, der 1975 beseitigt wurde, weil das Mitgehen von Lebensmitteln heute hauptsächlich in Läden passiert und die Vorschrift überflüssig erschien. Überflüssig, hah.
Deshalb nun zur Dose, die die die meisten nur als Behältnis für Allerweltsplörre kennen, die also diebstahlsicherer ist. Im Craftbeer-Bereich erlebt sie derzeit eine Wiederauferstehung.
Postmodernes Kellerbier nennen die Macher von Frau Gruber den Inhalt. Leider keine Brauerinnen, sie heißen Enzo Frauenschuh und Matthias Gruber, aus den Nachnamen haben sie ihr Label gezimmert. Dafür ist das Kellerbier tatsächlich mehr als modern. Heutzutage versteht man darunter ein junges naturtrübes Helles. Weil es nicht lange lagert und reift, trägt es noch etwas Babyspeck, sprich Zucker, und wird gern eine Spur bitterer gehopft.
Der Babyspeck ist beim „Modern Times“ besonders üppig. Es fließt sichtbar zäh ins Glas, ockerorange, der Schaum glänzt buttrig. Der Geruch erinnert an Champagner, holzig, etwas Aprikose. Auf der Zunge kommen rösche Malz-Aromen hinzu, vor allem aber: Das Bier füllt den Mund wie Jabba the Hut, das fette Reptil aus „Star Wars“: überfüllig, sehr sättigend. Das liegt daran, dass auch mit Hafer und Weizen gebraut wurde, sehr eiweißreiche Malze. Aber: In Kombination mit einem guten Burger muss die Fülligkeit dieses Bieres kein Nachteil sein.
Modern Times, Frau Gruber Augsburg, Alkohol 5,2 Vol.%
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