■ Die Anderen: Jiang Zemins USA-Besuch und Chinas Streben nach Weltmachtstatus kommentiert der "Guardian" / "Nesawissimaja Gaseta" über den chinesisch-amerikanischen Gipfel / "Le Monde" zur britische Entscheidung über den Euro
Jiang Zemins USA Besuch und Chinas Streben nach Weltmachtstatus kommentiert der britische „Guardian“: China hat einige ermutigende Zeichen gegeben. Hongkong wird mit leichter Hand regiert. UN- Menschenrechtsexperten haben erstmals begrenzten Zugang zum privaten Gespräch mit einigen chinesischen Häftlingen erhalten. Doch es ist weiterhin ein unterdrückerisches Regime, das Kritiker verfolgt und willkürliche Verhaftungen vornimmt, die von Washington lautstark verurteilt würden, wenn sie in der Sowjetunion passiert wären.
China hat es leicht und wird noch mit Hilfe der Weltbank überhäuft, die anderswo nützlicher wäre. Wenn China und Jiang die Anerkennung als Weltmacht haben wollen, muß sie durch mehr als Geographie und Bruttosozialprodukt verdient werden. Egal, welchen Hut er trägt, wir können die blutgetränkten Kopfbänder vom „Platz des Himmlischen Friedens“ nicht vergessen.
Die Moskauer Tageszeitung „Nesawissimaja Gaseta“ kommentiert den chinesisch-amerikanischen Gipfel aus russischer Perspektive: Die Perspektiven der neuen chinesisch-amerikanischen Beziehungen werden reale Konturen annehmen. Zudem so prägnante, daß sogar die mehr als klare politische Formel von der „strategischen Partnerschaft im 21. Jahrhundert“ zwischen Rußland und China vor dem Hintergrund des rasch wachsenden Handels zwischen China und den USA augenblicklich verblaßt. Der Umfang dieses Handels beträgt heute bereits das Neunfache des Handels zwischen Rußland und China. Es bleibt zu rätseln, was für China die oberste Priorität sein wird: die wirtschaftliche Partnerschaft mit den USA oder die strategische mit Rußland.
„Le Monde“ aus Paris schreibt zur britischen Entscheidung, den Euro nicht vor dem Jahr 2002 einzuführen: Die konservative Regierung von John Major hat die Dinge schleifen lassen. Die Labour-Regierung von Tony Blair verschiebt ihre Entscheidung auf das dritte Jahrtausend. Sie versteckt die tatsächlichen innenpolitischen Gründe hinter wirtschaftlichen Erwägungen. Man hätte von einem Premierminister, den noch der Nimbus eines Wahltriumphs ohnegleichen umgibt und der den Ruf eines Mannes hat, der ,schwierige Entscheidungen‘ zu treffen weiß, erhoffen können, daß er seine Mitbürger von den Wohltaten eines schnelleren Euro-Beitritts zu überzeugen versucht. Am Rande einer Währungsunion, die das tägliche Leben jedes einzelnen Mitgliedsstaates beeinflußt, könnte sich Großbritannien zum frustierten Zuschauer wandeln. Und Tony Blair wird vielleicht auf seine europäischen Führungsambitionen verzichten müssen. Das ist nicht nur für das Vereinigte Königreich schade, sondern auch für Europa.
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