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Archiv-Artikel

Jetzt wird Volmer zurückgetreten

Die Grünen in NRW wollen den umstrittenen außenpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion, Ludger Volmer, zum Rücktritt zwingen. In Geheimgesprächen ist auch von Mandatsverzicht die Rede

VON ANDREAS WYPUTTA

Die Runde war hochkarätig besetzt: Die Landesvorsitzenden der nordrhein-westfälischen Grünen, Frithjof Schmidt und Britta Haßelmann, haben nach taz-Informationen gestern Abend den außenpolitischen Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Ludger Volmer, zum Rücktritt aufgefordert. An dem Geheimgespräch in der Düsseldorfer Parteizentrale, das bei Redaktionsschluss noch andauerte, nahmen auch die grünen Landesminister Michael Vesper und Bärbel Höhn sowie führende Vertreter der Landtagsfraktion teil. Der aus Gelsenkirchen stammende Volmer müsse zumindest auf seinen auf Sprecherposten verzichten, war bereits im Vorfeld zu hören. Wünschenswert sei aber auch ein Ausscheiden Vespers aus dem Bundestag durch Mandatsverzicht.

Volmer steht auf Bundesebene seit Wochen in der so genannten Visa-Affäre unter Druck. Flankiert von massiver Medienberichterstattung wirft die Opposition dem Außenpolitiker vor, die Einreisepraxis der Bundesrepublik zu sehr aufgeweicht zu haben. Darüber hinaus soll der Grüne nicht zwischen Politik und Privatgeschäften getrennt haben – Volmers Beratungsfirma „Synthesis“ soll massiv mit dem Einfluss des Ex-Staatsministers geworben haben (siehe Kasten). „Beim Botschafter/Botschafterin auf dem Schoß sitzen – die wesentlichen Geschäftspartner (...) treffen – diese und weitere Wirtschaftsvertreter in der Botschaft zusammenführen“, soll Volmers Geschäftspartner und Parteifreund Burkhard Hoffmeister in einer E-Mail an die privatisierte Bundesdruckerei geworben haben.

Für die nordrhein-westfälischen Grünen ist damit „das Maß voll“, so ein führender Vertreter der Landtagsfraktion im Vorfeld des gestrigen Gesprächs zur taz. Volmer, der die Mail an die Bundesdruckerei nicht dementiert, wohl aber klagt, diese sei „illegal“ in die Öffentlichkeit gelangt, leide offensichtlich an einer „Realitätsausblendung“. In der Landtagsfraktion setzen nur noch die wenigsten auf Volmer: „Wir haben immer sehr hohe Transparenz bei Abgeordneten gefordert“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher Rüdiger Sagel. Jede Nebentätigkeit sei problematisch – „gerade die Vertreter der kleinen grünen Fraktionen sind doch personell höchst gefordert“, mahnt Sagel. Schon mehrmals sei er nach Veranstaltungen auf Volmers Firma angesprochen worden, klagt auch der Kultur- und Medienexperte der Fraktion, Oliver Keymis. „Dieses Spielchen möchte ich nicht noch bis zur Landtagswahl durchspielen.“

Noch schlechter ist die Stimmung an der Parteibasis. „Zumindest Volmers Rücktritt als außenpolitischer Sprecher ist überfällig“, sagt Horst Becker, Vorsitzender des grünen Bezirks Mittelrhein und Landtagskandidat. Wünschenswert sei aber auch Mandatsverzicht, sagt Becker und sorgt sich um die Wahlchancen seiner Partei: Volmers Firma „Synthesis“ sitzt im rheinischen Bad Honnef, sein Geschäftspartner Hoffmeister amtiert dort als grüner Ortsvereinsvorsitzender. „Ich glaube nicht, dass ein Rücktritt als außenpolitischer Sprecher ausreicht“, sagt auch Landtagskandidat Gerd Sauer, Sprecher des grünen Kreisverbands Olpe.

Das Problem der nordrhein-westfälischen Landespartei: Ein Mandatsverzicht liegt allein im Ermessen des Ex-Staatsministers. Außerdem scheint die Bundespartei weiter an Volmer festhalten zu wollen, um Außenminister Joschka Fischer in der Visa-Affäre nicht weiter zu schwächen. Sollte Volmer keine Konsequenzen ziehen, werde spätestens der Landesparteitag Ende Februar zur offenen Revolte gegen Berlin und die zu zögerliche NRW-Führungsriege, ist an der Basis zu hören. Das aber wollen Partei- und Fraktionsführung in jedem Fall verhindern – und den Druck auf das grüne Gründungsmitglied wie die Bundesebene weiter erhöhen. „Offensichtlich verwechselt Berlin Loyalität mit Zustimmung“, ärgert sich ein Grüner. „Wir haben auf die Bundesebene vertraut und die Sache fasch eingeschätzt“, gibt sich auch ein Vertrauter der grünen Führungsriege selbstkritisch. „Jetzt handeln wir.“

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