: „Jetzt spinnt Künast auch noch“
SAARLAND Vor der Landtagswahl streiten Linkspartei und Grüne. Linke-Chef Lafontaine hält dennoch Rot-Rot-Grün für möglich: „Wir wären ein verlässlicher Koalitionspartner“
■ 65, ist Vorsitzender der Linkspartei und Chef der Fraktion im Bundestag. Er tritt als Spitzenkandidat des Landesverbandes im Saarland an. Von 1985 bis 1998 war Lafontaine Ministerpräsident des Saarlandes.
INTERVIEW STEFAN REINECKE
taz: Herr Lafontaine, was haben Sie gegen die Grünen?
Oskar Lafontaine: Die Grünen sind mal als Friedenspartei angetreten, heute sind sie für den Krieg in Afghanistan. Krieg ist die schlimmste Form der Umweltzerstörung durch Streubomben und Uranmunition. Grün und Krieg gehen für mich niemals zusammen.
Ich meine die Kampagne, die Sie im Saarland gegen die Grünen führen …
Die Saar-Grünen haben uns den Fehdehandschuh hingeworfen. Sie haben ohne jede Begründung erklärt, dass sie mich nicht zum Ministerpräsidenten wählen, wenn wir stärker als die SPD werden. Jetzt spinnt die Künast auch noch. Wegen unserer „Persönlichkeiten“ könnten die Grünen Ramelow und mich nicht zum Ministerpräsidenten wählen. Wir müssen wohl erst bei Frau Künast zum Persönlichkeitstraining erscheinen.
Für Rot-Rot allein wird es an der Saar kaum reichen. Ist es nicht äußerst unklug, die Grünen so hart zu attackieren?
Die Grünen brauchen uns genauso wie die SPD. Ohne eine starke Linke hätten weder SPD noch Grüne eine Chance, an einer saarländischen Landesregierung beteiligt zu werden. Deswegen sind wir etwas überrascht über die undankbare Haltung der Grünen. Wir hatten eigentlich erwartet, dass sie jeden Tag eine Kerze für uns ins Fenster stellen.
In der Landespolitik sind sich SPD, Grüne und Linkspartei in vielem nahe – nur beim Bergbau nicht. Sie wollen dessen Fortführung, die Grünen dessen Ende. Wie ernst ist es Ihnen mit dem Bergbau?
Wir wollen die Brücke ins Solarzeitalter bauen. Da wir strikt gegen Atomenergie sind, brauchen wir fossile Brennstoffe weiter für den Übergang. Im Saarland wollen wir zumindest, dass die Zwangsumsiedlung von 1.700 Bergleuten nach Ibbenbüren in NRW vermieden wird.
Soll der Bergbau im Saarland fortgeführt werden?
Ja. Wir hoffen, dass die Deutsche Steinkohle auf Druck der Müller-Regierung keine vollendeten Tatsachen geschaffen hat.
Und wenn doch?
Genaue Angaben über die mögliche Fortsetzung des Bergbaus können wir erst machen, wenn wir verlässliche Daten haben. Die bekommen wir erfahrungsgemäß erst, wenn wir in der Regierung sind.
Kann Rot-Rot-Grün am Bergbau scheitern?
Wir haben noch kein Wahlergebnis. Im Übrigen bin ich kein Prophet.
Anders gefragt: Reichen die politischen Gemeinsamkeiten überhaupt für Rot-Rot-Grün?
Es gibt große Überschneidungen in der Bildungspolitik. Wir wollen längeres gemeinsames Lernen, die Überwindung des Turboabiturs G8 und keine Studiengebühren. Ähnliches gilt für die Förderung erneuerbarer Energien. Die Linkspartei will zudem die Rekommunalisierung der Energieversorgung.
■ Die Grünen könnten an der Saar die Königsmacher werden – falls weder Schwarz-Gelb noch Rot-Rot über eine Mehrheit verfügt. Die Stimmung zwischen Grünen und Linken ist angespannt. Renate Künast, grüne Fraktionschefin im Bund, betonte: Die Grünen würden weder Oskar Lafontaine noch Bodo Ramelow in Thüringen zum Ministerpräsidenten wählen – wegen deren „Persönlichkeit“.
SPD-Chef Heiko Maas traut der Linkspartei nicht zu, einen Sparhaushalt mitzutragen. Wäre die Linkspartei ein verlässlicher Koalitionspartner?
Wir wären nicht nur ein verlässlicher Koalitionspartner, sondern auch ein sachkundiger. Ich kenne im Übrigen keine Sparvorschläge von SPD oder Grünen.
Kann die Linkspartei einen Sparhaushalt verabschieden?
Es gab in den letzten Jahren bereits zu viel Sozial- und Personalabbau. Wir halten weitere Streichkonzerte für nicht vertretbar. Daher schlagen wir vor, die staatlichen Einnahmen zu erhöhen, z. B. mit der Vermögensteuer. Hätten wir eine Vermögensbesteuerung wie in Großbritannien, hätten wir jährlich 90 Milliarden Euro Mehreinnahmen. Um die Länderhaushalte zu konsolidieren, brauchen wir mehr Einnahmen und mehr Wirtschaftswachstum.
Die Bundes-SPD braucht dringend einen Erfolg im Saarland – als Signal für die Bundestagswahl. Den gibt es nur, wenn auch die Linkspartei stark genug wird. Die Bundes-SPD hängt somit indirekt vom Erfolg der Linkspartei ab. Freut Sie das eigentlich?
Die Linke ist gegründet worden, um die neoliberale Politik zu überwinden. Uns war immer klar, dass wir dies nicht allein, sondern nur mit Partnern können. Deshalb freut es uns, wenn die SPD ihre irrationalen Berührungsängste langsam abbaut, die ihr konservative Parteien und Medienkonzerne einreden. Ich hoffe, dass SPD und Grüne bald das Fünfparteiensystem akzeptieren und erkennen, mit wem sie demokratische, ökologische und soziale Reformen verwirklichen können.