: Jetzt meckern auch die Großanleger
Auf der Hauptversammlung von DaimlerChrysler verstärkt sich die Kritik an der Strategie von der „Welt AG“. Mitsubishi und Chrysler belasten den Konzern. Vorstandschef Schrempp hält dagegen an seinem Kurs fest. Änderung bei Managerbezahlung
VON STEPHAN KOSCH
Trotz heftiger Kritik seiner Aktionäre hält DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp an dem umstrittenen Ziel eines „Weltkonzerns“ fest. „Wenn es schwierig wird, darf man nicht davonlaufen“, sagte Schrempp gestern vor rund 8.000 Aktionären auf der Hauptversammlung in Berlin.
Zwar sei auch er „in Summe mit dem Jahr 2003 nicht zufrieden“. Den Kurs will er aber dennoch beibehalten, das Ergebnis werde ab dem kommenden Jahr wieder deutlich steigen, versprach er. „Bei einem operativen Problem ändern wir nicht die Strategie.“
Schrempp verwies darauf, dass drei Konzernbereiche gut dastünden: Mercedes-Benz, die Nutzfahrzeug- und die Dienstleistungssparte. Mit Blick auf den tief in den roten Zahlen steckenden Autobauer Mitsubishi, an dem Daimler 37 Prozent hält, verwies Schrempp auf einen Sanierungsplan, an dem „mit Hochdruck“ gearbeitet werde. Bis Ende April sollen in dieser Frage Entscheidungen fallen. „Bis zu diesem Zeitpunkt behalten wir uns alle Optionen offen“, betonte Schrempp. Mitsubishi hatte 2003 einen höheren Verlust verzeichnet als erwartet und braucht nach unbestätigten Angaben insgesamt weitere 5,5 Milliarden Euro, um wieder profitabel zu werden.
Doch die Worte des Vorstandsvorsitzenden konnten die Aktionärsvertreter nicht besänftigen. „Das Projekt der Welt AG muss auch im sechsten Jahr seiner Umsetzung als gescheitert gelten“, lautet das Urteil der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Und auch die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz betonte, dass der Traum von der Welt AG die Aktionäre bisher nur Geld gekostet hätte. Der Verband der kritischen Aktionäre hatte bereits erklärt, dass die versprochene „Hochzeit im Himmel“ im Desaster geendet sei.
Nicht nur die Privat- und Kleinanleger gingen hart mit dem Management ins Gericht. Auch Deutschlands größte Aktienfonds-Gesellschaft DWS kritisierte Schrempp scharf. Bei dem Autokonzern sei festzustellen, dass auf Fehlentwicklungen zu spät reagiert werde, sagte DWS-Manager Klaus Kaldemorgen. „Dies zieht sich wie ein roter Faden durch das Unternehmen.“ Die Problemkinder Chrysler und Mitsubishi Motors würden die im Kern gesunde Mercedes-Gruppe schwächen und könnten das Unternehmen insgesamt gefährden.
Die Aktionäre übten auch Kritik an der als viel zu hoch empfundenen Vergütung für den Vorstand und die Ausgabe von Aktienoptionen an die Manager im letzten Jahr. Der Konzern reagierte. Aufsichtsratsvorsitzender Hilmar Kopper kündigte an, dass die Vergabe von Aktienoptionen an den Vorstand bereits 2004 deutlich reduziert werde. Das gegenwärtige Aktienoptionsprogramm läuft Ende des Jahres aus.
Bereits vor der Veranstaltung hatte der Dachverband Kritischer AktionärInnen gegen die Ausrichtung des Konzerns protestiert. Daimler solle sich wie General Motors aus dem Rüstungsgeschäft zurückziehen, forderte der Verband und warf dem Konzern fehlende Moral vor. Denn DaimlerChrysler verdiene über seine Beteiligung am Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS auch an Minenverlegesystemen und Atomwaffenträgern.
Auch amnesty international äußerte sich kritisch und sieht das Unternehmen weiter in der Pflicht, das Schicksal der während der Diktatur in Argentinien „verschwundenen“ Beschäftigten aufzuklären. Der Untersuchungsbericht sei nicht geeignet, einen Schlusspunkt zu setzen.
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