: Jeder zehnte arbeitslos
■ 3,85 Millionen betroffen / Anstieg angeblich „allein saisonbedingt“
Nürnberg (taz) – Ende Januar war in der Bundesrepublik jeder zehnte Erwerbstätige als arbeitslos registriert. In der von der Bundesanstalt für Arbeit (BA) in Nürnberg zum ersten Mal vorgelegten gesamtdeutschen Arbeitsmarktstatistik sind 3,85 Millionen Arbeitslose verzeichnet, das sind 290.300 mehr als im Vormonat und 179.500 weniger als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote beträgt exakt zehn Prozent. BA-Präsident Bernhard Jagoda sieht angesichts dieser Zahlen auf dem Arbeitsmarkt „anhaltende Stabilisierungs- und Besserungstendenzen“.
In den alten Bundesländern nahm die Zahl der Arbeitslosen gegenüber dem Vormonat um 199.600 zu. Nach Berechnungen der Statistiker ist sie jedoch saisonbereinigt um 3.000 gesunken. Zusammen mit der zunehmenden Zahl von Arbeitsvermittlungen und Stellenzugängen sieht Jagoda ein deutliches Indiz für die „Besserungstendenzen auf dem Arbeitsmarkt“. Er verhehlt jedoch nicht, daß die „kräftige Belebung und der konjunkturelle Umschwung“ sich „bei der Beschäftigung aber noch nicht eingestellt“ habe. Arbeitsbeschaffungs- (ABM), Fortbildungsmaßnahmen, Kurzarbeit und die Regelung, nach der ab 58jährige Arbeitslose nicht voll verfügbar sein müssen und somit nicht als Arbeitslose gezählt werden, entlasten die Weststatistik um gut 500.000.
Auch in den neuen Bundesländern ist ein Anstieg der Arbeitslosen zu verzeichnen. 1.105.400 Arbeitslose Ende Januar bedeuten 90.700 mehr als im Dezember und 188.100 weniger als im Vorjahr. Ein „außergewöhnlich starkes Wirtschaftswachstum“ im Osten habe, so Jagoda, den Abbau der Erwerbstätigkeit inzwischen „gestoppt“. Ein leichter Zuwachs sei gar bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten festzustellen. Der größte Teil davon beruhe jedoch auf ABM und Lohnkostenzuschüssen der BA. Ohne den Einsatz von sogenannten arbeitsmarktpolitischen Instrumente der BA lägen die Arbeitslosenzahlen für die neuen Bundesländer um 1,1 Millionen höher.
Im Jahresdurchschnitt 1995 rechnet das der BA angegliederte Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung für den Westen mit 2,47 Millionen Arbeitslosen, für den Osten mit genau einer Million. Ein Minus von 228.000 gegenüber den Durchschnittszahlen von 1994, angesichts des prophezeihten und von der Bundesregierung heftig herbeigejubelten Aufschwungs jedoch ein hohe Arbeitslosenzahl von insgesamt 3,47 Millionen. Bernd Siegler
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