Jede Menge Schuldenberge: Durch die Bank pleite
Die Sozialverbände warnen vor steigender Verschuldung der Menschen durch die Krise - besonders bei Alleinerziehenden.
BERLIN taz Bei deutschen Verbrauchern häuft sich derzeit ein immenser Schuldenberg an. Davor warnte eine breite Allianz aus Sozialverbänden und Verbraucherzentralen bei der Vorstellung des Schuldenreports 2009 am Freitag.
"Wir schätzen, dass aktuell bereits 3 bis 4 Millionen Haushalte überschuldet sind", sagte die Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbands, Heidi Merk: "Die durchschnittliche Belastung liegt bei 36.000 Euro." Häufigste Ursache: Arbeitslosigkeit. Aber "auch unerwartete Ereignisse wie Scheidungen spielen eine Rolle", meinte die Vorsitzende.
Besonders betroffen sind die Alleinerziehenden. Mehr als ein Drittel dieser Gruppe mit einem Kind seien arm, sagte Merk. "Damit sind die Alleinerziehenden in der Gesellschaft am meisten von Armut bedroht", sagt Merk: "Das durchschnittliche Einkommen liegt oft unter 1.000 Euro." Auch die Schuldnerberatungen merken dies, weiß Merk: "Die Alleinerziehenden sind doppelt so häufig bei Beratern, wie andere Bevölkerungsgruppen."
Die Vorsitzende des Alleinerziehendenverbands "Vams" Edith Schwab warnte vor der Schuldenanhäufung bei alleinerziehenden Elternteilen. Für Mütter sei es nach einer Babypause immer noch schwer, in den Beruf zurückzukehren. Zudem bestünden immer noch Probleme bei der Kinderbetreuung. "Ein Kind - das ist in Deutschland immer noch ein großes Armutsrisiko."
Das Bündnis der Verbände sieht den Grund für gestiegene Schuldenberge der Verbraucher und ein erhöhtes Armutsrisiko auch in "unsolidarischem Verhalten" der Banken. Diesen würde "milliardenschwere Unterstützung durch Steuergelder bereit gestellt werden", sagte der Bundesvorsitzende der Verbraucherzentralen, Gerd Billen, "aber die Kunden werden im Regen stehen gelassen."
Insbesondere bemängelte Billen, dass die Banken seit einem Jahr durch gesenkte Leitzinsen billiger an Geld kommen, aber diese Zinssenkung nicht an die Kunden weitergegeben würden. "Die Berliner Sparkasse, Berliner Volksbank und Postbank haben ihre Zinsen im gleichen Zeitraum sogar erhöht." Ein Sprecher der Berliner Sparkasse sagte der taz, dass hierfür "gestiegene Kosten die Ursache sind". Zudem sei ein Dispokredit für die Banken risikoreicher als ein Ratenkredit. Billen kritisierte auch die Umschuldungsstrategien vieler Banken: Es würden hierdurch Verwaltungsgelder kassiert, welche die Haushalte weiter belasteten.
Die meisten Schuldnerberatungsstellen sind mit Anfragen der Menschen hoffnungslos überfordert. Carlo Wahrmann, Mitarbeiter der Beratung in Berlin-Mitte, schätzt, dass "höchstens 10 Prozent des Bedarfs gedeckt werden können". Durch die Wirtschaftskrise werde sich dies weiter verschlechtern. "Auch wir brauchen in der Krise Unterstützung", fordert Wahrmann.
Um von vornherein finanzielle Probleme zu vermeiden, rät Wahrmann Verbrauchern, sich einen Haushaltsplan zu machen. "Eine genaue Übersicht von Einnahmen und Ausgaben mindert das Risiko, unverhofft zu verschulden." Zudem empfiehlt er Betroffenen, die abgeschlossenen Versicherungen kritisch zu prüfen. Viele Verschuldete seien hoffnungslos überversichert. "Haftpflicht und Hausrat sind wichtig - auf den Rest sollte man in einer Notlage verzichten."
Bei jungen Menschen seien besonders die Handykosten ein Schuldenrisiko. "Es gibt Jugendliche, die stehen mit 2.000 Euro Telefonschulden bei mir vor der Tür", sagt Wahrmann: "Kaum sind sie volljährig, beginnt die Schuldenkarriere."
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