Jasmin Ramadan Einfach gesagt: Am Anfang war der Schnittlauch
Es kotzt mich so an, dies Gerede, ob man mit doll Rechten reden sollte!“, sagt der Freund im Wollmantel und wendet die Aubergine beim Angrillen.
„Na ja, ich rede noch mit meinem Bruder, nur nicht über Politik“, sagt die Freundin und wirft eine Allergietablette ein.
„Worüber redest du mit ihm?“
„Zimmerpflanzen, Eichhörnchen, Rezepte.“
„Es geht ja nicht darum, ob man mit quer-irren Verwandten redet, sondern ob man Nazis ins Fernsehen einlädt.“
„Stellt euch vor, man würde Höcke da im TV über Rezepte reden lassen!“
„Im ‚Morgenmagazin‘ vielleicht.“
„Leute beim Essenmachen wirken absolut harmlos und sympathisch.“
„Genau, aber das machen die ja deshalb wohl auch nicht da im ‚Morgenmagazin‘, die lassen die Faschos doch nicht einfach Schnittlauch hacken.“
„Wer weiß, die sagen dann auch irgendwann, wenn der Fascho seinen Schnittlauch nicht bei uns hackt, dann hackt er ihn eben woanders.“
„Und zu guter Letzt brät er auch noch ein Ei.“
„Sie werden ihm die Butter dafür gern in der Pfanne zerlassen.“
„So ein Spiegelei mit Schnittlauch ist maximum volksnah.“
„Also besser nirgends einladen, weil, am Ende könnte es auf das Ei hinauslaufen.“
„Und dann will wieder keiner wissen, was zuerst da gewesen ist.“
„Dann heißt es, ein Spiegelei sei doch bloß ein Spiegelei und was die Wählerschaft spiegele, gehöre eben ins Fernsehen, man müsse das zeigen, professionell, aber widerwillig, der Drops sei ja längst gelutscht.“
„Und angeblich könne man den AfDlern nur etwas entgegensetzen, wenn man sie auf offener Bühne entblöße!“
„Man dürfte die Faschos dann aber echt nur mit den richtigen Gegnern einladen, alles andere bleibt Geeier und gefährlich.“
„Und wer sind die?“
„Leute, die so viel reden, dass der Fascho nicht zu Wort kommt und nur dumm verwirrt aus der Wäsche guckt.“
„Wer sollte das sein?“
„Jemand, der echt gut rappen kann.“
„Battle-Rap.“
„Die AfD-Arschgesichter dürfen kommen, aber dann nur rappen gegen die krassesten Rapper:innen.“
„Mit Migrationsgeschichte, egal welcher Generation.“
„Und dann gibt es noch ’ne Jury, die das direkt bewertet.“
„Jorge Gonzales müsste dabei sein!“
„Und nur wer das Battle gewinnt, darf zur Wahl antreten.“
„Politik ist keine Show.“
„Die AfD macht schon lange eine draus, warum dann nicht voll drauf einsteigen?!“
„Man kann die auf jeden Fall nicht einfach ausblenden, die sind nun mal da.“
„Aber reden würd’ich nur mit den Knallköpfen, die da ihr Kreuz machen wollen.“
„Und was soll man denen sagen? Ey, jetzt lass den Scheiß, bringt nix …?“
„Die Würde des Menschen ist unantastbar, achte das Grundgesetz und wähl’gefälligst keine Nazis, du Arschloch des Abgrunds, fahr zur Hölle!“
„Aber warum gestattet das Grundgesetz, Nazis zu wählen?“
„Und die Öffentlichkeit mit ihrer infektiösen Dreckspampe zu bewerfen?“
„Mich interessiert nicht, wer angeblich aus Sorge AfD wählt! Ich habe nämlich große Sorgen und Ängste vor denen, die die AfD wählen, und vor der Macht der AfD, egal ob aus Hass auf andere oder auf ihr eigenes Gesicht und die kalten Augen im Spiegel.“
„Ich auch, ich hab Angst vor Nazis in Talkshows, im Radio, in Zeitungen, bei Kulturfestivals, beim Bäcker, in Kitas und Charts, auf den Bestsellerlisten und in den Konsulaten.“
„Sie sollten nirgends sein.“
„Dann darf man sie nicht reinbitten.“
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