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Jasmin Ramadan Einfach gesagtWinterwunderland

Ist das jetzt eigentlich gut mit dem ganzen Schnee und der Eiseskälte?“, fragt der Mann im Bushaltestellen-Häuschen in die Runde.

„Is’doch schön für die Kinder!“, sagt ein anderer.

„Stimmt, man dachte, die würden jetzt nur noch Winter erleben, wie hier … na, in Südamerika und Co zum Beispiel“, sagt der andere.

„Aber dass hier alles so weiß ist, heißt ja nun nicht, dass damit der Klimawandel gestoppt ist, wir müssen der Wahrheit in die kalten Augen sehen, meine Herren!“, sagt eine ältere Dame und zieht sich die Mütze tiefer ins Gesicht.

„Ach, Wahrheit, die frisst uns doch seit Langem schon die gute Laune aus dem Hirn, schon seit dem Ozonloch darf nichts mehr bloß Vergnügen sein!“

„Genau, alles wird mies gemacht, und bei Schnee denkt man gleich an Schneematsch.“

„Jahre ging’s um das Loch im Himmel, weswegen wir uns wie verrückt eincremten und deshalb jetzt alle Vitamin-D-Mangel haben!“

„Vitamin-D-Mangel ist ganz schlecht für die Psyche!“, sagt eine junge Frau, ohne vom Telefon aufzublicken.

„Vielleicht dreh’n deshalb alle durch.“

„Weshalb?“

„Wegen der Lichtschutzfaktoren, weil sich niemand mehr brachial in die Sonne traut seit dem Ozonloch! Der Vitamin-D-Mangel ist der Casus knacksus, der macht das Volk aggro, und regelrecht dauerdepressiv!“

„Mit dem Wort ist nicht zu spaßen!“

„Volk?“

„Depression!“

„Wieso? Promis jeden Alters und Niveaus schieben Depressionen und lassen sich dabei filmen!“

„Ein bisschen depri schadet nie! Hieß es schon in den Achtzigern!“

„Man sollte Depressionen nicht verniedlichen!“

„Den Klimawandel erst recht nicht!“

„Das Ozonloch war ja nur die Spitze des Eisbergs!“

„Der jetzt ohne Tempolimit dahinschmilzt!“

„Und all die süßen Eisbär­babys davon schwemmt.“

„Ach, gibt doch weltweit per Internet noch genug andere Tierbabys, denen es fantastisch geht!“

„Studien beweisen: Wenn man sich niedliche Tiervideos ansieht, steigt der Serotoninspiegel rapide an!“

„Na, dann macht das mit dem Meeresspiegel ja nichts.“

„Wir werden untergehen mit einem Lächeln auf den Lippen, weil wir uns zu guter Letzt immerzu Quokkas beim Blätteressen angesehen haben!“

Foto: Roberta Sant‘anna

Jasmin Ramadan ist Schriftstellerin in Hamburg. Ihr neuer Roman „Auf Wiedersehen“ ist im Frühjahr bei Weissbooks erschienen. 2020 war sie für den Bachmann-Preis nominiert.In der taz verdichtet sie im Zwei-Wochen-Takt tatsächlich Erlebtes literarisch.

„Was sind Quokkas?“

„Tiere, die immer lächeln!“

„Eher Tierchen.“

„Happy by Nature.“

„Zumindest sehen sie so aus.“

„Aber darum geht es doch nur noch!“

„Worum?“

„Wie es aussieht.“

„Und wonach.“

„All die Bilder formen die Tage, die schrecklichen und schönen.“

„Und wonach sieht es nun aus?“

„Nach weißer Weihnacht!“

„Ach schön!“

„Man muss auch mal im Moment leben!“

„Aber was ist mit den Kindeskindern?“

„Vielleicht ist diese Klima­sache doch gar nicht so schlimm, vielleicht sollte man den Irren und Unsympathen auch mal ein bisschen Glauben zu Weihnachten schenken.“

„Damit es so schnell den Bach runtergeht, dass wir nicht mal mehr ‚Huch‘ sagen können!?“

„Ach, Wahrheit, die frisst uns doch seit Langem schon die gute Laune aus dem Hirn“

„Was sagen denn die Experten?“

„Welche?“

„Na, die analog zertifizierten.“

„Viel Schnee sei eigentlich das Gleiche wie Regenmassen, nur eben in kalt und hübsch!“

„2023 war das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen!“

„Und seit den Aufzeichnungen der Aufzeichnungen der Aufzeichnungen.“

„Eine Expertin sagte, dem Schnee sei es egal, wie viel Grad unter null, Hauptsache es reicht zum Liegenbleiben.“

„Mir reicht es jeden Morgen.“

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