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Jaruzelski warnt Solidarnosc

■ Zehntausende Polen gedenken des ermordeten Priesters Popieluszko / Kirche geht auf Distanz / Jaruzelski: Kein Reservat für Feinde des sozialistischen Staats

Berlin (dpa/taz) - 15.000 Polen versammelten sich am Sonntag in der Stanislaw–Kostka–Kirche in Warschau, um des Todes von Jerzy Popieluszko zu gedenken. Der vor zwei Jahren von der politischen Polizei ermordete Arbeiterpriester wird angesichts der kürzlich erlassenen Strafminderung für seine Mörder immer mehr zum Symbol für die Opposition. Nicht wenige Polen fordern von der Kirche, den Ermordeten als Märtyrer heiligzusprechen. Davon will die Kirchenführung nichts wissen; Primas Kardinal Glemp erwähnte in einer parallel stattfindenden Messe in der Kathedrale der Stadt den Ermordeten mit keinem Wort. Zu den Feiern im ganzen Land waren zahlreiche bekannte Führer von Solidarnosc erschienen, Bogdan Lis verlas in Warschau eine Grußbotschaft von Lech Walesa, in der es hieß, Popieluszko sei ein „Opfer des Hasses“ geworden. Den Haß zu überwinden gibt auch die politische Führung des Landes vor. Doch General Jaruzelski warnte vor weiterer oppositioneller Tätigkeit und erklärte, guter Wille des Staates bedeute nicht Naivität. Die Partei wolle die Politik der Verständigung fortsetzen und führe Gespräche mit „verantwortlich denkenden Leuten“. In Anspielung auf die Gründung neuer Organisationsstrukturen von Solidarnosc erklärte der Ge neral, „es könne kein Reservat“ für Leute geben, „die schon viele Male ihre unversöhnliche Feindschaft gegenüber dem sozialistischen Staat beweisen haben“. Der Staatsrat hatte schon vorher den kürzlich entlassenen politischen Gefangenen angedroht, sie müßten ihre Strafe verbüßen, wenn sie nicht ihre Aktivitäten aufgeben.

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