: Japanische Kids im Werder-Fieber
■ Am Tag der offenen Tür beim Japanischen Internat: Torwandschießen und Kalligraphie
Japanische Schülerrockband: Sonst lieber BachFoto: Katja Heddinga
Einmal im Jahr dürfen die BremerInnen einen Blick in das japanische Internat in Oberneuland werfen. Am Wochenende war Tag der offenen Tür. Das Bremer Internat ist eine Privatschule und vom deutschen Schulsystem unabhängig. Die in Japan lebenden Eltern kamen extra für zwei Tage angeflogen. Zur Unterhaltung konnten die Gäste nicht nur auf eine Torwand schießen, sondern auch die aus Japan eingeflogene Kalligraphie-Künstlerin Misa Mochizuki bewundern.
Wer sich mit den teilweise seit sechs Jahren in Bremen lebenden SchülerInnen unterhalten wollte, wurde jedoch enttäuscht: Der achtzehnjährige Vorsitzende des Schulfestes, Sikou Yamagiwa, konnte sich nur mit Hilfe einer Dolmetscherin den deutschen Gästen verständlich machen.
hier bitte die zwei
japanischen Mädchen
Schulleiter Fumio Ishibashi hingegen stellte den Zweck des Internats mit folgenden Worten vor:“ Die Schüler lernen in Bremen die deutsche Sprache und die deutsche Kultur kennen. Weiterhin erhalten sie eine grundlegende allgemeine Ausbildung an dieser Schule...“.
Die erwünschte Brücke zwischen Japan und Deutschland scheint zur Zeit aber noch Lücken zu haben. Über Fußball allerdings tauscht man sich auch heute schon unentwegt aus. Das Internat wirbt in Japan zum Beispiel
damit für sich, daß man an dieser Schule Fußball trainieren kann. Hintergrund: Die japanischen Kinder sollen für den Fußball interessiert werden, um in einigen Jahren die erst kürzlich aufgebaute japanische Profiliga zu verstärken. Bislang nämlich stammen die „japanischen“ Fußballstars vorwiegend aus dem Ausland. Statt auf alternde Bundesliga-Spieler wollen die japanischen Team-Manager auf eigenen Nachwuchs zurückgreifen.
Während sich die Mädchen von Beethoven, Bach und Hayden angezogen fühlen, heißen die Stars der Jungen Rufer, Reck und Herzog. Die siebzehn- und achtzehnjährigen Schüler der Abschlußklasse haben klare Zukunftspläne. Zuerst absolvieren sie in Japan ein Studium, um hinterher — nein, nicht Manager einer Automobilfirma zu werden —, sondern Profi bei Werder Bremen.
Der Berufswunsch, ein zweiter Okudera zu werden, kommt nicht von ungefähr. Die japanischen Schüler stellen bei Werder eine vollständige Mannschaft, Betreuungstrainer ist Wynton Rufer. Die sportlichen Aktivitäten der SchülerInnen, die sich nicht auf Fußball beschränken, werden von der Schule unterstützt. Nicht ohne Grund: Denn über den Sport finden die japanischen Jugendlichen oft deutsche Freunde. Zeit für derartige Kontakte bleibt ihnen jedoch nur zwischen 15 Uhr und dem Abendunterricht. Glück für die Fußballer, die drei Mal in der Woche abends trainieren und damit entschuldigt fehlen dürfen. Übrigens: die deutschen Begriffe Tor, Abseits und Sieg kommen den japanischen Schülern fehlerlos über die Lippen.
Ob die aus dem Fernen Osten angereisten Eltern mit ihren Sprößlingen über die vorherrschenden Berufswünsche sprachen, ist nicht bekannt. Japanische Privatschulen sind bekanntlich teuer und die japanische Zurückhaltung ist sprichwörtlich. cab
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