■ Japan: Premier Hashimoto hat seine Wahlschlappe verdient: Große Probleme, stabile Demokratie
Der japanische Premier Hashimoto und die regierenden Liberaldemokraten haben die Wahlschlappe vom Sonntag verdient. Mit einer verfehlten Wirtschaftspolitik hat diese Führung die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt in eine Rezession geleitet, die nur mit großen Opfern der Bevölkerung überwunden werden kann. Japan scheint das Schicksal der südostasiatischen Tigerstaaten zu teilen.
Doch das ist falsch. Der Wahlgang vom Sonntag und der Rücktritt von Premier Hashimoto haben bewiesen: Japan besitzt eine festverankerte demokratische Tradition, die mit dem Stimmzettel und nicht mit blutigen Unruhen und Streiks Veränderungen bewirkt. Fast zwei Drittel der Japaner haben im rechten Augenblick ihr Stimmrecht friedlich eingesetzt. Eine solche Tradition kann kein anderes asiatisches Land derzeit vorweisen. Ängste über ein unstabiles Japan sind gerade wegen dieser Tradition unbegründet.
Dennoch gibt es derzeit unübersehbare Probleme. Die steigende Arbeitslosigkeit hat Unsicherheit unter den Arbeitnehmern und ihren Familien geschaffen. Privat- und Firmenkonkurse stehen auf einem Nachkriegshoch. In weltbekannten Konzernen, die bis vor kurzem eine sichere Lebensstelle boten, erhalten Angestellte immer öfter nur noch befristete Arbeitsverträge. Wen wundert es da, daß die Japaner Konsumverzicht üben und damit die Konjunktur weiter dämpfen. In einem solchen Moment sind Politiker gefragt, die dem Volk eine neue Zukunftsvision geben können. Premier Hashimoto versuchte dies zu Beginn. Er versprach die Sanierung des Haushaltsbudgets – insofern ein europäischer Politiker –, um in Zukunft die Herausforderungen einer schnell alternden Gesellschaft besser bewältigen zu können.
Das Timing war falsch, weil die japanische Wirtschaft zu diesem Zeitpunkt eine expansive, staatliche Ausgabenpolitik nötig gehabt hätte, um die Konjunktur in Gang zu halten. Nun ist sie abgewürgt, und die Regierung muß mit Notrezepten reagieren. Diese reaktionäre Haltung der LDP hat die Wähler am meisten empört. Statt endlich mit eigenen Initiativen die Kritik aus dem Ausland zur Ruhe zu bringen, erschien Premier Hashimoto als Marionette, die durch Druck aus den USA, asiatische Forderungen und die Eigeninteressen bislang geschützter Industrien manipuliert schien. Die Wähler haben der LDP nun klargemacht, daß sie eine klare Führung wünschen, die als ebenbürtiger Partner auf der Weltbühne akzeptiert ist. Nur so werden die bitteren Pillen der Wirtschaftsreform auch geschluckt. André Kunz
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