: Jahrhundertpremiere am Himmel
Nur sehr selten schiebt die Venus sich vor die Sonne. Nächste Woche besteht die beinahe einmalige Chance, das Himmelsereignis zu beobachten
Am kommenden Dienstag wird am Himmel ein Ereignis zu beobachten sein, das noch keiner der derzeit lebenden Menschen gesehen hat: Unser Nachbarplanet Venus wandert an der Sonne vorbei und ist als schwarzer Fleck zu erkennen – vorausgesetzt, die Augen sind vor der intensiven Sonnenstrahlung geschützt. Der letzte Venustransit geschah vor 122 Jahren.
Innerhalb der Erdbahn umkreisen zwei Planeten die Sonne: Merkur und Venus. Deshalb sind sie die einzigen größeren Himmelskörper, die zwischen uns und der Sonne stehen können. Tritt dies ein, ziehen sie im Laufe von Stunden als schwarzer Punkt über die Sonnenscheibe. Dies sind äußerst seltene Ereignisse. So überquert die Venus nur zweimal pro Jahrhundert von der Erde aus gut sichtbar die Fläche unseres Zentralgestirns.
Dienstag um 7.19 Uhr wird das Himmelsspektakel beginnen: Die kleine Venusscheibe schiebt sich vor die Sonne. Der Planet wird die Sonne im unteren Bereich durchqueren. Astronomen sprechen deshalb auch von einer unteren Konjunktion. Gegen 13 Uhr verlässt die Venus dann wieder das helle Gestirn und verschwindet am Himmel.
Der nächste Venustransit erfolgt dann schon wieder in acht Jahren, am 6. Juni 2012. Allerdings beginnt dieser Durchgang für die Europäer erst um Mitternacht , so dass er für uns nicht sichtbar ist. Danach ist erst einmal eine lange Pause. Erst 2117 erfolgt erneut ein Venustransit.
Da die Venus – von Mutter Erde aus gesehen – nur als winziges Scheibchen erscheint, ist sie während des Transits mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Mit einem Fernrohr kann man mehr erkennen. „Aber man sollte nie ohne geeignete Filter in die Sonne sehen, da Erblindung oder schwere Augenschäden die Folge sein können“, warnt Ralph Neuhäuser von der Universitäts-Sternwarte Jena.
Es gibt zwei Arten von Sonnenschutz: Mit der Projektionsmethode wird die Sonne hinter einem Okular auf einem weißen Schirm abgebildet. Ein Objektivsonnenfilter hingegen gibt dem Astronomen die Möglichkeit, direkt durch das Fernrohr in den Glutball zu blicken.
Prinzipiell ähnelt der Venustransit einer Sonnenfinsternis. So schiebt sich hier statt des nahen Mondes die sehr viel entferntere Venus zwischen uns und die Sonne. Weil aber unser Nachbarplanet von der Erde aus gesehen eben viel kleiner erscheint als unser Trabant, verdeckt er etwa nur ein Promille der Sonnenscheibe.
Zwar umkreist unser Nachbar in zirka 225 Tagen die Sonne und kommt der Erde im Mittel alle 584 Tage relativ nah. Doch genauso, wie es nicht bei jedem Neumond eine Sonnenfinsternis gibt, steht die Venus nicht bei jeder Konjunktion genau zwischen uns und dem Gestirn.
Wenn dieses Ereignis heute lediglich als Spektakel erscheint, hatte es für Astronomen früher eine fundamentale Bedeutung: Da sich die scheinbare Sonnenbahn der Venus für zwei entfernte Beobachter unterschiedlich darstellt, konnte man aus diesem Effekt der Parallaxe die Entfernung von der Erde zur Sonne berechnen. Astronomen definierten sie als die Astronomische Einheit (AE). Aus dieser Größe war es dann möglich, mit Hilfe der Kepler-Gesetze die anderen Distanzen im Sonnensystem zu bestimmen. JOACHIM EIDING