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Jahresversammlung IWFMorgenröte zeigt sich im Osten

Die Krise ist im Griff, wenn auch noch nicht ausgestanden. Ist die neue tragende Rolle des IWF in der Weltfinanzarchitektur damit schon wieder beendet?

Nicht alle begrüßen die Krisenpolitik des IWF: Proteste in Istanbul. Bild: reuters

ISTANBUL taz | Die Erholung kommt von Osten, darin sind sich alle einig. Wenn es darum geht aufzuzeigen, dass es der Weltwirtschaft wieder besser geht, verweisen sie auf das Wachstum in China, Korea und Indien - der "Ausblick auf die Entwicklung der Weltwirtschaft", ein komplexes Zahlenwerk, das der Internationale Währungsfonds (IWF) jetzt vorlegte, genauso wie der deutsche Bundesbankpräsident Axel Weber oder US-Finanzminister Thimothy Geithner. Europa werde dagegen wohl noch sehr viel länger auf höhere Wachstumsraten warten müssen, sagte Weber. Trotzdem wird wohl auch die Weltfinanzelite auf der morgen beginnenden Jahresversammlung von IWF und Weltbank das Ende der Weltwirtschaftskrise ausrufen.

Seit Freitag bereits sind die Spitzen der beiden Organisationen, Dutzende von Finanzministern und ein Heer von Bürokraten in Istanbul versammelt, an der Schwelle von Ost und West. In diversen Vorkonferenzen sind sie dabei, die Strategien für die Jahrestagung festzulegen. Dabei geht es im Wesentlichen darum, welche Konsequenzen aus dem Finanzdesaster zu ziehen sind. Schließlich ist die Krise keineswegs ausgestanden. Europa wird wohl erst 2013 wieder den Stand von 2008 erreichen, meinte Weber am Rande der Tagung. Für Deutschland rechne er mit einer längeren Phase, in der das Wachstum kaum 1 Prozent betragen werde. Die Arbeitslosigkeit, auch da sind sich alle einig, wird in den nächsten zwei Jahren kräftig ansteigen.

Damit es nicht allzu schlimm wird, hat man sich bereits darauf verständigt, die staatlichen Milliarden die im letzten Jahr als Konjunkturprogramme bereitgestellt wurden, nicht allzu schnell wieder einzutreiben. Über Wege aus der Schuldenfalle, sogenannte Exitstrategien, wird diskutiert, umsetzen will man sie aber jetzt noch nicht.

Revolutionen auf dem Finanzmarkt sind auch von dem Treffen in Istanbul nicht zu erwarten. Die Tobinsteuer, also eine Steuer auf alle grenzüberschreitenden Finanztransaktionen, wird es nicht geben. Man müsse andere Möglichkeiten prüfen, die Banken an den Kosten der Krise zu beteiligen, meinten sowohl Geithner als auch Weber. Der Bundesbankchef favorisiert einen verstärkten Druck auf die großen "systemrelevanten Banken", ihr Eigenkapital zu erhöhen und sich so selbst besser gegen Krisen abzusichern. "Systemrelevant" sind diejenigen, die der Staat im Zweifel mit Steuergeldern retten muss, damit nicht die ganze Ökonomie den Bach runtergeht. Zwang müsse es dabei aber nicht geben.

Auch aus den hochfliegenden Plänen von IWF-Chef Dominik Strauss-Kahn wird wohl nichts. Seinen Vorschlag, den IWF zu einer Art Versicherung der Weltökonomie auszubauen, damit nicht einzelne Länder große Währungsreserven zur Absicherung anhäufen müssen, lehnten Experten als "absurd" ab. Im Gegenteil, meinte Weber, müssten die diversen Notfonds, mit denen die Mittel des IWF im letzten Jahr auf rund 1.000 Milliarden Dollar aufgestockt wurden, nach und nach abgebaut werden.

Was bleibt, ist die Debatte um die Veränderung der Stimmrechte innerhalb des IWF. Im Prinzip ist man sich einig, dass das Gewicht der Schwellenländer - insbesondere China, Indien und Brasilien - steigen soll und auch die armen Länder mehr Einfluss bekommen sollen. Doch ob das schon jetzt in Istanbul beschlossen wird, bezweifelte Geithner. Auch die Deutschen sind zurückhaltend. Wenn Veränderungen, dann nur als Paket, forderte Finanzstaatssekretär Asmussen, wobei man sich nach objektiven Kriterien wie dem relativen Gewicht des Landes in der Weltwirtschaft richten solle.

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