Jahresbilanz von ProSiebenSat.1: Letzte Ausfahrt Börse

Trotz der ansehnlichen Bilanzzahlen findet sich kein Käufer für die Sendergruppe ProSiebenSat.1. Der Preis von über drei Milliarden Euro schreckt ab .

Freut sich über die Gewinnverdoppelung der Sendergruppe: Vorstandschef Thomas Ebeling. Bild: dpa

BERLIN taz | Wenn ausländische Firmen in Deutschland Arbeitsplätze abbauen, schaue die Presse deutlich genauer und kritischer hin als bei einheimischen Unternehmen, berichtete am Donnerstag das Handelsblatt. Der Fall der Fernsehfamilie ProSiebenSat.1, wo in den letzten Jahren beinahe ein ganzer bislang eigenständiger Sender dran glauben musste, fällt genau dazwischen.

Und sie bekam in jedem Fall ihr Fett weg: Denn Eigentümer des Konzerns sind die internationalen Finanzinvestoren KKR und Permira, die im Jargon schon mal als Corporate Raiders, als Unternehmensjäger und -ausschlachter, geführt werden.

Gefühlt ist die Kanalkombo (ProSieben, Sat.1, Kabel 1, 9Live sowie mehrere Pay-Kanäle) mit Stars wie Stefan Raab, Richterin Barbara Salesch und Johannes B. Kerner höchst deutsch. Die wirklich wichtigen Entscheidungen fallen aber in London und in den USA - allen voran die, wann und an wen der Laden denn nun verkauft wird.

Am Ausstiegswillen von KKR und Permira, die die Sendergruppe 2006 für rund drei Milliarden Euro übernommen hatten, zweifelt niemand. Allein der aufgerufene Preis von weit über drei Milliarden Euro und der hohe Schuldenstand von ebenfalls drei Milliarden Euro der in 14 Ländern Europas aktiven Aktiengesellschaft schreckt bislang offenbar alle potenziellen Interessenten ab. Am Mittwoch hatte auch die Axel Springer AG, deren erster Übernahmeversuch 2006 am Kartellamt gescheitert war, jegliche Absichten dementiert, sich noch mal an ProSiebenSat.1 zu versuchen.

Aus deutscher Sicht ist das Ganze also schwer vorabendserientauglich: Da steht de facto rund eine Hälfte des deutsche Privatfernsehens zum Verkauf - und keinen interessierts. Die andere Hälfte gehört der RTL Group, einem Teil des Bertelsmann-Konzerns. Doch wer in Deutschland kaufen könnte, scheint durch die Kombination von Preis und Springer-Erfahrung abgeschreckt.

Und internationale Medienunternehmen haben aktuell erst recht die Lust am komplexen deutschen Fernsehmarkt verloren. Nur Rupert Murdoch zahlt tapfer beim Pay-Sender Sky ein und hofft, dass Abofernsehen noch profitabel wird.

Dabei ist die ProSiebenSat.1-Braut nach mehreren harten Sanierungsrunden durchaus für Investoren aufgehübscht: Das früher in Berlin beheimatete Sat.1 wurde gegen den Widerstand der Belegschaft mal eben zur Firmenzentrale in Unterföhring bei München verlegt, die Programmplanung und Produktion für alle deutschen Free-TV-Sender zusammengelegt, der Nachrichtenkanal N 24 verkauft - Hunderte Jobs blieben auf der Strecke.

Bei der Bilanzpressekonferenz am Donnerstag konnte Vorstandschef Thomas Ebeling, der vor zwei Jahren zum Amtsantritt noch etwas unsicher wirkte, souverän ansehnliche Zahlen verkünden: 2010 hat sich der Jahresüberschuss auf 313 Millionen Euro fast verdoppelt, der Umsatz beträgt nun drei Milliarden Euro - diese Zahl scheint irgendwie konzernprägend zu sein.

Nur wie es weitergeht, weiß niemand so recht: Hinweise, was KKR und Permira vorhätten, bekomme er auch nicht, sagte Ebeling am Donnerstag: "Das müssen die nicht, das ist deren Privileg." Und der Sendergruppe bleibe nur, zu "sehen, dass unsere Performance unbeeinflusst davon so weiterläuft"; alles andere "sei nicht relevant", gab sich Ebeling so konkret wie ein Angeklagter, der sich bei "Richterin Barbara Salesch" herauszureden versucht.

Experten rechnen derweil mit dem, was meistens kommt, wenn kein einzelner Käufer zugreifen will – damit, das KKR und Permira ihre Anteile an der ProSiebenSat.1-AG an der Börse versilbern.

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