: Jäger greift nach den Sternen
■ Lizenzvertrag für Space-Camp unterschrieben / Noch keine Investoren für Space Park
Knapp drei Wochen bevor er den Stuhl als Wirtschaftssenator räumen muß, greift Claus Jäger noch einmal nach den Sternen. Gestern unterzeichneten Michael Göbel, Geschäftsführer der Hanseatischen Veranstaltungsgesellschaft mbH (HVG), und die U.S. Space Camp Foundation aus Huntsville (Alabama) den Lizenzvertrag für ein sogenanntes Space-Camp. Das Trainingslager, in dem sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene zum Preis von etwa 800 Mark „für mehrere Tage in kühne Astronauten verwandeln können“ gehört zum Konzept des Space-Parks, der auf dem ehemaligen Grundstück der AG Weser geplant ist.
Auf etwa sechs Hektar soll in Gröplingen für rund 120 Millionen Mark ein Freizeitpark entstehen, in dem laut Prospekt „ganze Familien das Abenteuer Raumfahrt hautnah erleben können“. Der Freizeitpark, zu dem neben dem Camp außerdem ein Kuppelkino und ein Erlebniszentrum gehören, ist das Lieblingskind des scheidenden Wirtschaftssenators. Mit dem Lizenzvertrag sicherte sich Bremen das Exklusiv-Recht für das Space-Camp in Deutschland und Österreich. Darüber hinaus erhält der Space-Park durch den Vertrag das Exklusiv-Recht, die Ausrüstung des U.S. Space Camp Foundation wie Hard- und Software, Simulationsgeräte und komplette Kursprogramme zu nutzen.
„Das ist die entscheidende Weichenstellung für die Realisierung des Projektes“, freut sich Jäger. Ob es allerdings soweit kommt ist nach wie vor fraglich. Die Kosten von insgesamt 120 Millionen Mark sollen private Investoren aufbringen, doch die müssen erst einmal gefunden werden. Obwohl Jäger seit über einem Jahr von der Reise ins All schwärmt, gibt es bisher keinen Investor, der sich öffentlich als solcher zu erkennen gibt. Doch Jäger verbreitet nach wie vor Zweckoptimismus: „Kapital geistert reichlich durch die Welt. Man muß nur dafür sorgen, daß wir es hier binden.“
In dieser Hoffnung wird in
den nächsten Tagen eine Projektgesellschaft gegründet, an der die Daimler-Benz Aerospace AG, die staatliche Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft mbH (HVG) und die Wiesbadener Projekt-Firma Köllmann GmbH beteiligt sind. Ende des Jahres soll die Planung abgeschlossen sein. „Erst dann können wir sagen, wie sich der Space-Park auf den Stadtteil auswirkt und was an Infrastruktur noch bereit gestellt werden muß“, erklärt Jäger. Die drei Vertragspartner der Projektgesellschaft beteiligen sich mit je zwei Millionen Mark. Das Land Bremen will aber zusätzlich zu den zwei Millionen das Grundstück baureif und umsonst zur Verfügung stellen - ein „einschätzbaren Risiko“, findet Jäger. Die Kosten für die Sanierung der Industriebrache auf dem AG „Weser“-Gelände werden nach den Schätzungen des Ressorts mit über 100 Millionen Mark zu Buche schlagen.
Den Senator scheint das in seinem Glauben an die „Wirtschaftsförderung“ durch den „Publikumsmagneten mit überregionaler Ausstrahlung“ nicht zu erschüttern. Schließlich verspricht das Gutachten einer Hamburger Unternehmensberatung ihm jährlich 1,3 Millionen Besucher, die sich für 30 Mark pro Person ins Erlebniszentrum locken lassen. Etwa 20.000 Besucher schätzt die Unternehmensberatung werden jedes Jahr pro Nase je 800 Mark für das Astronautentraining ausgeben.
Die Eröffnung des Space-Parks ist für Frühjahr 1998 geplant. Wenn das Projekt, wie Skeptiker glauben, abgeblasen werden muß, wird Jäger das nicht mehr zu verantworten haben. Er ist nur noch knapp drei Wochen im Amt. KSC
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen