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JUGENDFREIE SCHLEPPERFILMEFrech kommt immer rein

■ Heute: Der »mentos«-Nostalgiefilm im 35mm-Format

Die Älteren unter uns werden sich sicherlich noch an die Zeitgeist auf den Punkt bringende, gleichzeitig darüber hinaus verweisende und gradwegs in die 90er führende Hubert-Serie Mitte der 80er erinnern. In jeder Folge wurde Hubert mit einem kniffligen Problem konfrontiert, das er auf besonders pfiffige Art umging. Davor, dazu oder danach trank er eine Tasse Café Swing und rollte kräfitg und schelmisch mit den Augen. Sein Erfolgsrezept wußte der burschikose Lausbub an der Kaffeetasse mit drei Worten zusammenzufassen: »Frech kommt weiter.« Mit der »Operation Frechheit« versuchte sich in den darauffolgenden Jahren vor allem die junge Metropolen-Journaille: 'Tempo‘, 'Wiener‘, 'Prinz‘, 'Pflasterstrand‘, taz oder auch Radio 100. Hubert avancierte zur unangefochtenen Leitfigur der aufstiegswilligen Mittelschicht.

Heute wissen wir: Frechheit bleibt stehen. Der Marschbefehl für die 90er lautet vielmehr: »Neugier und Naivität« ('Tempo‘-Redakteur Mathias Horx) — also schreiben, wie Desirée Nosbusch spricht. Dennoch gibt es weiterhin einige Unverbesserliche, die den alten Idealen nachhängen. So z.B. Dieter Dörrie mit seiner wunderbar-nostalgischen Frech-Komödie Ausverkauft. Schon seit Wochen spart Rainer, ein braungebrannter, junger Mann, auf das Phil-Collins-Konzert (wahlweise U2 oder Duran Duran). Ganz in Jeans steht er vor dem Kartenhäuschen und muß erfahren, das Konzert sei ausverkauft. Eine klassische Hubert-Situation. Mit hängendem Kopf will Rainer schon nach Hause gehen, da kommt ihm eine respektlose Idee. Er verkleidet sich als Roadie, indem er sein frischgewaschenes Halstuch zum Stirnband macht und gelangt so doch noch ins Konzert. Rainer ist übrigens kein Kaffeetrinker, sondern »mentos«-Schlucker.

Leider reißt bisweilen der Nostalgiefaden zu der schönen Geschichte aus der naseweisen Zeit. Es fällt schwer, zu sagen, warum dem deutschen Regisseur dennoch ein guter Film gelungen ist, vielleicht liegt es daran, daß Dörrie in der Reduzierung so konsequent ist.

Dörrie komprimiert nicht nur den Raum (Konzerthalleneingang), sondern auch die Zeit (78 Sekunden). Die ungewöhnliche Entscheidung, einen Film wie diesen im 35-mm-Format zu drehen, zeugt von Dörries visueller Kompromißlosigkeit. Ein strenger, manchmal ein anstrengender Film: bestechend in seiner Klarheit, bewundernswert in seiner Frechheit. Keine nostalgische Verklärung, sondern ein überzeugender Genre- Film. V.G.

Ausverkauft , Deutschland 1991, 78 Sekunden. Ab sofort im Kino.

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