JÖRN KABISCH ANGEZAPFT : Ein Bier mit toller Brandung
Alkoholarme Biere sind keine moderne Erfindung. Es gab immer wieder Zeiten, in denen Menschen auf Alkohol gern verzichteten, aber trotzdem nach Eingebrautem griffen, zum Beispiel als Hygienemaßnahme. Denn eingekocht und vergoren war der Gerstensaft oft gesünder und keimfreier als normales Trinkwasser. Das erklärt auch, warum Biersuppe zu Beginn des 19. Jahrhunderts vielerorts ein Grundnahrungsmittel war, das sogar Kinder bekamen.
Solches Bier wurde das ganze Jahr über gebraut und frisch verkauft. Daher hat sich die Bezeichnung „Schankbier“ eingebürgert – im Gegensatz zum Lagerbier. Sie ist heute gesetzlich geregelt: Der Stammwürzegehalt muss bei 7 bis 10 Prozent liegen, da kommen selten mehr als 4 Prozent Alkohol raus.
Schankbier war bis vor einigen Jahren nahezu vergessen. Passionierten Biertrinkern galt es als zu lasch. Einer zeitgleich wachsenden kalorienbewussten Kundschaft boten Brauereien lieber gleich Alkoholfreies an und machten dafür mit modernen Verfahren wie Umkehrosmose oder Vakuumverdampfung normal eingebrautes Bier spritfrei.
Allmählich aber findet Schankbier wieder Freunde. Etwa in der Männerwirtschaft Große Freiheit 114 in Berlin-Friedrichshain, die sich von der Flessa-Brauerei ein Schankbier herstellen lässt: den Tanker – ein Bier mit Brandung. Es ergießt sich in einer gewaltigen Schaumwelle, die leicht nach Hopfen, Apfel und Heu riecht, ins Glas. Die Kohlensäure ist im Mund aggressiv, ähnlich wie bei manchen Weizen, und macht das Bier nicht nur spritzig, sondern auch vollmundig. Die kräftige Portion Hopfen überdeckt die feine Malznote nicht und verhilft dem Bier zu einem feinen Abgang. Lasch? Mitnichten!
■ Tanker, Flessa-Bräu, Alkohol 3,7 % Vol.