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Archiv-Artikel

JÖRN KABISCH ANGEZAPFT Ein modernes Uralt

Die herzliche Abneigung zwischen Kölnern und Düsseldorfern zeigt sich besonders beim Bier. Dabei ließen sich bei Kölsch und Alt ebenso viele Gemeinsamkeiten finden wie Unterschiede. Sie gehören zu den ältesten deutschen Bierstilen, weil sie obergärig gebraut werden und die Hefe keine künstliche Kälte benötigt, um die Alkoholbildung in Schwung zu bringen. Eigentlich ist also auch das Kölsch ein Alt.

Außerdem werden beide traditionell in kleinen Gläsern ausgeschenkt – was aber nicht gegen die Trinkkultur am Rhein spricht: Einmal an der Luft kann Bier schnell Lebendigkeit und Frische verlieren, warum sollte es also lange in großen Gläsern vor sich hinstehen?

Altbier ist eine Düsseldorfer Spezialität, regional sehr begrenzt, ganz anders als sein enger Verwandter: das englische Ale, das gerade auch in Deutschland entdeckt wird. In England ist damit ebenfalls ein Bier gemeint, das nach alter Art gebraut wird, nämlich obergärig und mit dunklem Malz, wie es früher viel verbreiteter war.

Die Bolten-Brauerei in Korschenbroich, linksrheinisch von Düsseldorf gelegen, versucht sogar noch etwas ursprünglicher zu sein. Sie stellt ein „Ur-Alt“ her, ungefiltert und naturtrüb. Was aussieht und vermarktet wird wie ein Stück Bier-Archäologie, ist dem Geschmack nach modern und ein recht untypischer Vertreter der Altbier-Familie. Denn es hat zwar den üblichen nussig-malzigen Geschmack, der schon als feiner Geruch aus der Blume dunstet und auch den Antrunk bestimmt. Danach wird das Bier aber milder, der Hopfen verliert an Bitterkeit und macht Nuancen von kandierter Orange Platz. Ein Bier, das nach schwerem Beginn mit einem leichten Ende aufwartet: Könnte sogar etwas für Kölsch-Trinker sein.

Ur-Alt, Privatbrauerei Bolten, Stammwürze 11,7 %, Alkohol 4,9 % Vol.