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Archiv-Artikel

JOST MAURIN ÜBER DEN WECHSEL IN NIEDERSACHSENS AGRARMINISTERIUM Etappensieg für den Tierschutz

Qualvoll sterbende Puten mit offenen Wunden, zerrupfte Vögel, Tierköpfe, die als solche vor Schwellungen kaum mehr zu erkennen sind – mit diesen Videoaufnahmen der Tierschutzorganisation Peta aus einem Putenstall fing der Fall der niedersächsischen Agrarministerin und Geflügelunternehmerin Astrid Grotelüschen an. Am Ende kamen noch Lohndumping-Vorwürfe hinzu, am Freitag musste die CDU-Politikerin zurücktreten. Das ist ein Etappensieg gegen die Agrarindustrie – aber mehr nicht. Denn an den tierquälerischen Zuständen in Niedersachsen – der größten Fleischfabrik Deutschlands – wird sich kaum etwas ändern.

Dafür spricht vor allem, dass nun Gert Lindemann das Ministeramt übernehmen soll. Er ist eng verbandelt mit dem konservativen Deutschen Bauernverband und der Lebensmittelindustrie. Als Staatssekretär im Bundesagrarministerium sprach er sich dagegen aus, die unsozialen und umweltschädlichen Subventionen für Großgrundbesitzer zu kürzen. Er sitzt im Aufsichtsrat von Europas zweitgrößtem Zuckerkonzern, der Nordzucker AG. Er scheut sich nicht, vom Bauernverband Medaillen für Verdienste um eine „zukunftsorientierte“ Agrarpolitik anzunehmen.

So einer wird den Trend zu immer größeren Mastanlagen nicht schwächen – obwohl in diesen Ställen das Tier zur bloßen Produktionseinheit verkommt und die Belastung durch Gestank und Fäkalien an einem Ort besonders hoch ist. Der CDU-Mann hat kein Interesse daran, mittelständische Mäster mit artgerechter Tierhaltung stärker zu fördern. Oder die Umwelt- und Tierschutzauflagen für Fleischfabriken konsequenter durchzusetzen.

Genau das fordern die Bürgerinitiativen, die sich gegen hunderte neue Massenställe gegründet haben. Lindemann wird ihnen allenfalls symbolisch entgegenkommen. Den Protest wird er so nicht brechen können.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 6